Praxistipps zur Beurteilung der Fahrtauglichkeit von Patienten
Ob und vor allem wann eine Person mit einer vaskulären oder neurologischen Erkrankung wieder aktiv am Verkehr teilnehmen darf, entscheidet sich zunächst daran, welches Fahrzeug sie bewegen will. Alles bis 3,5 t inkl. selbstfahrende Arbeits- und Zugmaschinen der Forst- und Landwirtschaft lassen sich in Gruppe 1 summieren. Dies betrifft meist Privatfahrer, sagte Dr. Anastasios Athanasiadis, Internist am Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus. Wer ein schwereres Fahrzeug führt oder einen Führerschein zur Fahrgastbeförderung besitzt, wird zu den Berufsfahrern gezählt und gehört damit in Gruppe 2.
Schrittmacher schränkt Privatpersonen nicht ein
Laut Begutachtungsleitlinie darf privat ohne Einschränkungen gefahren werden, wenn sich in der Anamnese max. eine Synkope findet. Gleiches gilt für Berufsfahrer, sofern keine Hinweise auf ein erhöhtes Rezidivrisiko vorliegen. Nach wiederholten bzw. unklaren Blackouts muss sich Gruppe 1 ggf. zur erneuten Diagnostik einfinden und darf nach einer individuellen Beurteilung frühestens ein halbes Jahr später zurück auf die Straße (s. Kasten). Noch entschiedener lesen sich die Richtlinien für Fahrer aus Gruppe 2: In diesem Fall heißt es „Finger weg vom Lenkrad“.
Was entscheidet im Einzelfall?
- erfolgreiche Therapie bzw. Reha
- keine Sehstörungen wie Hemianopsie oder Diplopie
- keine signifikante Rezidivgefahr (Ursache geklärt und behoben? Sekundärprophylaxe?)
- keine relevante Hirnleistungsschwäche (Aphasie, Apraxie, Neglect, Demenz, Einsichtsfähigkeit)
- bei motorischen Einschränkungen gelten „Sicherheitsmaßnahmen für körperbehinderte Kraftfahrer“
Mit Herzinsuffizienz hinters Steuer | ||
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Stadium | Gruppe 1 (Privatfahrer) | Gruppe 2 (Berufsfahrer) |
NYHA I | ohne Einschränkung | fahrgeeignet, wenn EF > 35 % |
NYHA II | ohne Einschränkung | fahrgeeignet, wenn EF > 35 % |
NYHA III | wenn stabil keine Einschränkung, sonst nicht | nicht fahrgeeignet |
NYHA IV | nicht fahrgeeignet | nicht fahrgeeignet |
- geistiger Abbau: unbekannte Umgebungen verwirren Betroffene zunehmend, zudem nehmen Urteilsfähigkeit und planerisches Denken ab
- motorische Symptome, in deren Folge Koordination und Reaktionszeiten von Bewegungen abnehmen
- bis zu 50 % von ihnen leiden unter exzessiver Tagesmüdigkeit, die durch Medikamente (Dopaminagonisten und Levodopa) verstärkt werden kann
- Defizite im Sehen: Aufmerksamkeit, die räumlich-visuelle Wahrnehmung trüben sich ein, die Verarbeitungsgeschwindigkeit nimmt ab
Spickzettel für neurologische Erkrankungen
1. Yale SH et al. Clin Med Res 2003; 1: 177-188; DOI: 10.3121/cmr.1.3.177
Patienten müssen auch eigenverantwortlich handeln
„So ziemlich alle Medikamente, die wir verordnen, beeinträchtigen die Fahreignung“, erklärte Dr. Athanasiadis. Allerdings gibt es keine Richtlinien, worauf Ärzte dabei zu achten haben. „Wenn mich jemand fragt, wie lange er mit Präparat XY aufs Fahren verzichten muss, lautet meine Antwort: Ich weiß es nicht.“ Vielen Herzmedikamenten liegen mittlerweile Warnhinweise bei, auf die man Patienten hinweisen sollte. Allgemein zur Vorsicht mahnte er bei frisch eingestellten Patienten, wenn Dosen erhöht oder kurz wirksame Präparate verschrieben werden. Die Einschätzung, ob man sich selbst in der Lage fühlt, ein Fahrzeug zu führen, muss aber jeder Patient vor Fahrtantritt auch eigenverantworlich selbst treffen.Quelle: 55. Ärztekongress der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg