Krebsrisiko Prostatakarzinome bei Transfrauen seltener

Autor: Dr. Judith Lorenz

Fachleute untersuchen das Prostatakarzinomrisiko bei Transfrauen und die Auswirkungen der Hormontherapie. Fachleute untersuchen das Prostatakarzinomrisiko bei Transfrauen und die Auswirkungen der Hormontherapie. © Barry J Brady – stock.adobe.com

Bei Transfrauen besteht prinzipiell die Gefahr einer späteren Prostatakarzinomerkrankung. Wie hoch dieses Risiko im Vergleich zu Cismännern ist, welche Faktoren hierfür prädisponieren und welche Prognose die Betroffenen erwartet, untersuchten nun Fachleute in einer retrospektiven Kohortenstudie.

Bei Transfrauen besteht prinzipiell die Gefahr einer späteren Prostatakarzinomerkrankung. Wie hoch dieses Risiko im Vergleich zu Cismännern ist, welche Faktoren hierfür prädisponieren und welche Prognose die Betroffenen erwartet, untersuchten nun Fachleute in einer retrospektiven Kohortenstudie.

Die radikale Prostatektomie ist üblicherweise nicht Teil der geschlechtsangleichenden Operation bei Transfrauen, berichtet Dr. Celeste Manfredi, Universität von Campania, Neapel. Dennoch ist die Frage des Prostatakarzinomrisikos dieser Gruppe wissenschaftlich kaum untersucht. Insbesondere fehlen Daten zur Epidemiologie, zum Screening und zu den Risikofaktoren. Daher existieren auch keine entsprechenden Leitlinienempfehlungen. Gemeinsam mit weiteren Wissenschaftler:innen aus Italien beleuchtete Dr. Manfredi nun diese Thematik genauer. Ihre retrospektive Analyse fußt auf einer großen US-Datenbank und deckt den Zeitraum von 2011 bis 2022 ab.

Insgesamt werteten die Forschenden die Daten von 95.460 Transfrauen mit einem mittleren Alter von 52,5 Jahren aus. 589 dieser Personen entwickelten ein Prostatakarzinom. Dies entspricht einer geschätzten Prävalenz von 0,62 % im Jahr 2022. Zum Vergleich: 2020 betrug die Prostatakarzinomprävalenz in der männlichen US-Bevölkerung etwa 2,03 %. Als Risikofaktoren erwiesen sich das Alter (adjusted Odds Ratio (aOR) 1,10; 95%-KI 1,08–1,12; p < 0,001) und die familiäre Belastung (aOR 2,27; 95%-KI 1,60–4,92; p < 0,001). Ein biochemisches Tumorrezidiv nach radikaler Prostatektomie oder Radiatio erlitten 92 von 377 Transfrauen (24,4 %). Knochenmetastasen fanden sich bei 31 Erkrankten (5,3 %). 

Hormontherapie: Schutz und Risiko

Eine geschlechtsangleichende Hormontherapie schützte wiederum vor einer Prostatakarzinomerkrankung (aOR 0,60; 95%-KI 0,56–0,89; p < 0,001). Gleichzeitig begünstigte sie allerdings bei Betroffenen biochemische Rezidive (aOR 1,83; 95%-KI 1,21–2,86; p < 0,001) und eine ossäre Metastasierung (aOR 3,96; 95%-KI 1,50–9,99; p < 0,001). Bezüglich der Anzahl durchgeführter PSA-Tests unterschieden sich die hormonell behandelten und die nicht hormonell behandelten Transfrauen nicht.

Transfrauen erkranken seltener als Cismänner an einem Prostatakarzinom, so das Fazit der Autor:innen. Die geschlechtsangleichende Hormontherapie könnte dabei – vermutlich infolge der Androgensuppression – der Karzinogenese entgegenwirken. Andererseits halten sie auch eine Unterschätzung der wahren Prävalenz für wahrscheinlich. Die Prognoseverschlechterung unter Hormontherapie führen die Fachleute darauf zurück, dass Östrogene möglicherweise die Selektion aggressiver Tumoren begünstigen. Zudem senken die weiblichen Geschlechtshormone den PSA-Wert und verzögern auf diese Weise potenziell die Tumordiagnose. 

Quelle:
Manfredi C et al. JAMA Oncol 2024; DOI: 10.1001/jamaoncol.2024.4335