Schlaganfall-Prophylaxe durch interventionelle Maßnahmen
Wegen des gesteigerten Risikos für Blutungskomplikationen eignet sich nicht jeder mit erhöhtem Schlaganfallrisiko für die präventive Behandlung z.B. mit Warfarin oder NOAK. Dr. Issameddine Ajmi von der Abteilung für Innere Medizin und Kardiologie am Klinikum Coburg und Kollegen nennen als Beispiele intestinale Angiodysplasien, aber auch frühere gastrointestinale Hämorrhagien. In einigen Fällen besteht die Möglichkeit, die Emboliequelle direkt im Herzen auszuschalten.
Bei Patienten mit Vorhofflimmern ist das linke Vorhofohr der typische Verdächtige. Bilden sich dort Gerinnsel, können diese ins Hirn wandern. Ein Verschluss der Ausstülpung über Vorhofohrokkluder verhindert ischämische Insulte ähnlich zuverlässig wie die Standard-Antikoagulation, verursacht aber wesentlich seltener Blutungen. Verschiedene Systeme sind für den Vorhofohrverschluss zugelassen: Allen gemein ist, dass Kardiologen perkutan einen kleinen „Schirm“ in den Vorhof einbringen, der die Ausstülpung verschließt. Aktuelle Designs berücksichtigen zunehmend auch die individuelle Morphologie des Vorhofohrs.
Hatte der Patient dagegen einen kryptogenen Schlaganfall, sieht die Situation anders aus. Lässt sich die Herkunft des Blutgerinnsels nicht feststellen, könnte eine paradoxe Embolie der mögliche Auslöser gewesen sein: Bei einem offenen Foramen ovale ist es beispielsweise möglich, dass Blutpfropfen über den Rechts-Links-Shunt in die arterielle Zirkulation gelangen. Man nimmt sogar an, dass jeder dritte ischämische Insult unklarer Herkunft auf eine paradoxe Embolie zurückgeht.
Um die Wahrscheinlichkeit besser abschätzen zu können, haben Wissenschaftler den RoPE-Score (Risk of Paradoxical Embolism) entwickelt. Dieser berücksichtigt Patientenalter, Begleiterkrankungen, Nikotinkonsum und Befunde in CT oder MRT des Gehirns. Allerdings sagt der Punktwert nur etwas darüber aus, wie wahrscheinlich dem kryptogenen Schlaganfall eine paradoxe Embolie zugrunde liegt. Umgekehrte Rückschlüsse hinsichtlich der Gefahr durch ein offenes Foramen ovale lassen sich daraus nicht ableiten.
Lebensbedrohliche Ereignisse nahezu halbiert
Unter Berücksichtigung individueller Faktoren können Mediziner den Defekt in der Vorhofscheidewand minimalinvasiv verschließen. Ebenso wie beim Verschluss des linken Vorhofohres stehen perkutan einsetzbare, kathetergestützte Systeme zur Verfügung. Auch wenn das Fazit früherer Studien eher skeptisch klang – aktuelle Daten zeigen, dass die Maßnahme ausgewählten Gruppen mit kryptogenem Schlaganfall durchaus nutzt.
Leitlinie wurde angepasst
Quelle: Ajmi I et al. Klinikarzt 2020; 49: 72-77; DOI: 10.1055/a-1100-5719