Schnelle Diagnose und Therapie Schmerzen in Knie oder Hüfte können auf eine septische Arthritis hindeuten
Eine septische Arthritis, die nicht oder erst verzögert behandelt wird, kann die Gelenke zerstören oder zu einer knöchernen Gelenksteife führen. Wie Marvin Berger vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden und Kollegen schreiben, treten septische Arthritiden in 90 % der Fälle akut in einem einzelnen Gelenk auf. Oft ist das Kniegelenk befallen (50 %), seltener das Hüft-, Sprung- oder Schultergelenk.
Die Inzidenz liegt bei 4–10 pro 100.000 Personen. Die Ursache ist meist eine hämatogene Streuung oder die kontinuierliche Ausbreitung einer Weichteilinfektion oder Osteomyelitis. Auch Wunden dienen den Erregern als Eintrittspforte, bei 2,6 % der gelenkchirurgischen Eingriffe kommt es zu einer bakteriellen Infektion, bei intraartikulären Injektionen liegt das Risiko bei 1:3.000 bis 1:50.000. Als zusätzliche systemische Risikofaktoren gelten Diabetes mellitus, Tumorerkrankungen und Niereninsuffizienz. Der häufigste Erreger (63 %) ist Staphylococcus aureus, gefolgt von Streptokokken (20 %) und gramnegativen Bakterien (ca. 10 %).
Septische Arthritis bei Kindern
Im Kindesalter liegt die Inzidenz bei 2 – 7 Infektionen pro 100.000 Kindern. Betroffen sind meist das Knie- (40 %) oder Hüftgelenk (28 %). Zu den häufigsten Erregern zählen neben Staph. aureus und Streptokokken auch Kingella kingae sowie Haemophilus influenzae. Ist das Hüftgelenk befallen, sollte differentialdiagnostisch an eine Coxitis fugax gedacht werden. Bei jungen Patienten wird empfohlen, das Gelenk mittels Nadeldrainage schnell zu entlasten.
Goldstandard ist die Analyse von Synovialflüssigkeit
Zur Diagnostik gehören eine ausführliche Anamnese und die körperliche Untersuchung. Wunden, Kardinalzeichen einer Entzündung, Fieber und Schüttelfrost sowie die Dauer der Symptome können wegweisend sein. Die Laboranalyse zeigt oft erhöhte Entzündungsparameter wie C-reaktives Protein und die Leukozytenzahl. Der Goldstandard für die Diagnose ist die Entnahme von Synovialflüssigkeit mit der Analyse der Zellzahl und des Anteils neutrophiler Granulozyten. Beide Verfahren weisen eine Sensitivität von bis zu 100 % auf. Für eine gesicherte Diagnose sollte mindestens ein klinisches und ein Laborkriterium erfüllt sein. Sonografie und CT können das Ausmaß der Entzündungen und Gelenkergüsse zeigen, über eine MRT-Untersuchung lassen sich Osteomyelitiden ausschließen. Basierend auf arthroskopischen und radiologischen Veränderungen wird das Stadium nach Gächter bestimmt (siehe Tabelle). Dieses hat sowohl für die Prognose als auch für die Therapie Relevanz.
Entscheidend ist zudem, die septische Arthritis abzugrenzen von anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen, die sich mit ähnlicher Symptomatik präsentieren. Durch eine ausführliche Anamnese in Verbindung mit klinischen Merkmalen und Laborparametern kommt man in der Regel häufigen Differenzialdiagnosen wie Gicht und Pseudogicht, rheumatoider Arthritis und aktivierter Arthrose auf die Spur.
Gächter- Stadium | Kriterien |
---|---|
I | gerötete Synovialis |
II | schwere Synovitis mit Fibrinablagerungen und Eiter |
III | massive Synovitis mit Synovialisverdickung, Zottenbildung |
IV | Pannusbildung und radiologische Veränderungen (Osteolysen, Zysten) |
Mit Breitbandantibiose gegen grampositive Erreger starten
Der Schlüssel für eine erfolgreiche Behandlung ist eine rasche systemische Antibiotikatherapie bereits bei Verdacht auf eine septische Arthritis – in Kombination mit chirurgischen Maßnahmen. Die Autoren empfehlen, im Hinblick auf die wahrscheinlichsten Erreger Staph. aureus oder Streptokokken zunächst ein Breitbandantibiotikum gegen vornehmlich grampositive Bakterien zu verwenden. Erst nach Keimnachweis ist eine erregerspezifische Antibiose einzuleiten. Die systemische Therapie kann im Verlauf auf eine orale Antibiose umgestellt werden.
Zudem sollte das Gelenk entlastet werden. Je nach Stadium und Gelenkgröße kommen i.d.R. Nadelspülung, minimalinvasive Arthroskopie oder eine offene Operation zum Einsatz. Kleine Gelenke werden bevorzugt punktiert. In den Gächter-Stadien I–III ist die minimalinvasive arthroskopische Gelenkspülung indiziert und zeigt gegenüber offenen Verfahren ein geringeres Risiko für Reinfektionen und perioperative Komplikationen.
Im Stadium IV, bei persistierender Infektion oder begleitender Osteomyelitis, raten Berger und seine Kollegen zur offenen Arthrotomie. Bei fortgeschrittener Degeneration des Gelenks bleibt als Therapieoption häufig nur die Endoprothetik. Bei ruhender Infektion mit laborchemischen und radiologischen Normalbefunden sollte der Eingriff einzeitig, bei Anzeichen einer anhaltenden aktiven Infektion zweizeitig erfolgen. In sehr schwerwiegenden Fällen kann eine dauerhafte Resektionsarthroplastik oder gar eine Amputation notwendig werden.
Quelle: Berger SM et al. Orthopädie & Rheuma 2024; 27: 32-37; DOI: 10.1007/s15002-023-4767-3