Sorgenkind noziplastischer Schmerz So lässt er sich von nozizeptiven und neuropathischen Beschwerden unterscheiden

Autor: Dr. Sonja Kempinski

Bei der Behandlung gilt es zunächst, die oft gleichzeitig vorliegenden nozizeptiven oder neuropathischen Schmerzen in den Griff zu bekommen. (Agenturfoto) Bei der Behandlung gilt es zunächst, die oft gleichzeitig vorliegenden nozizeptiven oder neuropathischen Schmerzen in den Griff zu bekommen. (Agenturfoto) © Jelena Stanojkovic – stock.adobe.com

Als noziplastisch bezeichnet man Schmerzen, die weder durch Gewebe- (nozizeptiv) noch durch Nervenschäden (neuropathisch) verursacht werden. Ursächlich sind zentrale Mechanismen.

Noziplastische Schmerzen können allein auftreten, z. B. bei Fibromyalgie, aber auch zusätzlich zu nozizeptiven oder neuropathischen Schmerzen, schreibt Prof. Dr. Daniel Clauw, University of Michigan.

Typisch ist die räumliche Ausdehnung: Wenn der Schmerz weit verbreitet ist und an vielen Stellen ohne nachweisbare Entzündung oder Schädigung auftritt, ist eine noziplastische Komponente wahrscheinlich. Schmerzen an Oberarmen und Oberschenkeln sind häufig noziplastisch, Gleiches gilt für Rumpfschmerzen bei rheumatoider Arthritis.

Leiden die Betroffenen unter zentralnervösen Störungen wie Insomnie, Gedächtnisproblemen oder Stimmungsschwankungen, ist die Diagnose noch wahrscheinlicher. Eine verstärkte Empfindlichkeit auf sensorische Reize wie Licht oder Lärm ist ebenfalls charakteristisch.

Frauen sind häufiger von noziplastischen Schmerzen betroffen als Männer. Etliche weitere Risikofaktoren werden diskutiert – von genetischen Einflüssen über ein niedriges Geburtsgewicht bis hin zu Übergewicht und Depression. Im Senium sollen u. a. Multimorbidität und schmerzhafte somatische Erkrankungen eine Rolle spielen. Doch eine einfache Kausalität besteht nicht: Viele Menschen, die den genannten Stressoren ausgeliefert sind, entwickeln keinen noziplastischen Schmerz, betont Prof. Clauw.

Bei der Behandlung gilt es zunächst, die oft gleichzeitig vorliegenden nozizeptiven oder neuropathischen Schmerzen in den Griff zu bekommen. Der noziplastische Schmerz selbst spricht auf Bewegung an (z. B. Gehen, Wassergymnastik, Tai-Chi). Zudem ist auf erholsamen Schlaf zu achten. Für die Analgesie kommen trizyklische Antidepressiva, Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer sowie Gabapentinoide infrage. NSAR und Opioide scheinen dagegen weniger effektiv zu sein. Mit Opioiden gilt es ohnehin, vorsichtig zu sein, da das endogene Opioidsystem am Schmerzgeschehen beteiligt sein könnte.

Quelle: Clauw DJ. Ann Rheum Dis 2024; DOI: 10.1136/ard-2023-225327