Trigeminusneuralgie: Mikrovaskuläre Dekompression als sichere Option bei Senioren
Nur jedem zweiten Patienten mit Trigeminusneuralgie kann langfristig mit Medikamenten geholfen werden. Kommt es zum Rezidiv, bietet sich die mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta an. Schließlich findet sich in 70–100 % der Fälle im Bereich des Austritts des Trigeminus aus dem Hirnstamm ein Kontakt mit einem arteriellen Gefäß. Dieses kann auf den Nerven drücken und für rezidivierende Schmerzattacken sorgen. Entdeckt der Operateur bei dem Eingriff eine solche Arterie, die den Nerv einengt oder bedrängt, wird er sie vorsichtig lösen und ein kleines Stückchen Kunststoff als Puffer zwischen Gefäß und Nerv eingefügen.1
Rezidivrate nach der OP deutlich niedriger
Die Erfolgsraten der mikrovaskulären Dekompression liegen postoperativ bei 95 %, in 10–30 % der Fälle kommt es jedoch zum Rezidiv, berichtete Tobias Greve von der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik München. Schwere Komplikationen und persistierende neurologische Defizite werden in weniger als 1 % der Fälle beobachtet.
Bei Patienten über 70 Jahren sieht man die OP allerdings häufig als kontraindiziert an. Die Senioren erhalten deshalb eher einen weniger invasiven, symptomatisch wirksamen Eingriff wie die Thermokoagulation im Ganglion gasseri. Ob die Einschränkung gerechtfertigt ist, prüften die Münchener Kollegen in einer retrospektiven Studie, in der sie die Daten von 78 Patienten unter 70 Jahren mit denen von 27 Kranken im Alter von mindestens 70 Jahren verglichen. Alle litten unter einer idiopathischen Trigeminusneuralgie und wurden mittels mikrovaskulärer Dekompression behandelt.
Das Follow-up musste mindestens 18 Monate betragen. Die älteren Patienten wiesen signifikant häufiger Komorbiditäten wie Hypercholesterinämie, arterielle Hypertonie, Karotisstenose, Hypothyreose und anamnestisch ein Karzinom auf. Rund 15 % von ihnen waren primär mit einer Thermokoagulation behandelt worden.
Keine signifikanten Gruppenunterschiede zeigten sich in OP-Dauer und Hospitalisationszeit, aber auch hinsichtlich des schmerzfreien Intervalls und der Rezidivrate. Für Letztere ließ sich jedoch eine Tendenz zu höheren Werten bei den älteren Patienten erkennen (14,8 % vs. 7,7 %).
Komorbiditäten sind zu berücksichtigen
Die Nicht-Signifikanz war vermutlich der niedrigen Fallzahl geschuldet, so der Referent. Temporäre neurologische Defizite traten bei den über 70-Jährigen zwar signifikant häufiger auf (22 % vs. 7,7 %). Die Rate von permanenten Defiziten lag in beiden Gruppen jedoch auf gleichermaßen sehr niedrigem Niveau.
Aufgrund dieser Daten geht Tobias Greve davon aus, dass die Jannetta-OP auch bei älteren Patienten indiziert sein kann. Vorausgesetzt, die Senioren weisen keine Komorbiditäten auf, die eine intrakranielle OP unmöglich machen.
Quelle: 71. Jahrestagung der DGNC*
1. dgnc.de
* Online-Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie