Typ-1-Diabetes: Inselzelltransplantation als neue Behandlungsperspektive?
Trotz neuer technischer Möglichkeiten wie Insulinpumpen, Closed-Loop-Systemen und der kontinuierlichen Glukosemessung haben Patienten mit Typ-1-Diabetes immer noch eine um mindestens zehn Jahre kürzere Lebenserwartung als Gesunde. Als wäre dies nicht genug, gibt es jene kleine Gruppe von Betroffenen, die entgegen allen Bemühungen die angestrebten Therapieziele eines HbA1c unter 8,0 % und/oder weniger schwere Hypoglykämien nicht erreichen, erklärte Professor Dr. Barbara Ludwig vom Universitätsklinikum Dresden.
Was sie brauchen, ist nach Meinung der Diabetologin eine maßgeschneiderte, individuelle Therapie – wie eine Inselzelltransplantation. In diesem aufwendigen Verfahren werden die Inselzellen aus dem Pankreas eines Spenders isoliert, aufbereitet und anschließend dem Empfänger infundiert. Neben dem Mangel an genügend Spenderorganen besteht das größte Problem darin, dass – wie bei allen Formen der allogenen Transplantation – eine dauerhafte, potente systemische Immunsuppression erforderlich ist, damit die Inseln nicht abgestoßen werden. Nutzen und Risiken der Behandlung, sprich die Therapieziele, müssen also sehr genau abgewogen und definiert werden, betonte Prof. Ludwig.
Auch nach dem Eingriff muss etwa die Hälfte der Patienten weiterhin Insulin spritzen. Allerdings setzt bei vielen die vorher oftmals fehlende Gegenregulation bei Hypoglykämien wieder ein, sodass diese rechtzeitig erkannt werden können. Zudem kommen die meisten Betroffenen nach einer Inselzelltransplantation im Langzeitverlauf auf eine gute Glukosekontrolle ohne schwere Hypoglykämien. In einer Studie mit 40 Personen erreichten 42 % eine vollständige Insulinunabhängigkeit, bei den anderen funktionierten die Inseln zumindest partiell. Vermehrte Infekte oder Malignome wurden nach der Transplantation nicht beobachtet.
In Zukunft aufs Schwein setzen?
Trotzdem ist zu beachten, dass Pankreasoperationen mit teils erheblichen Komplikationen verbunden sind, z.B. mit einem pankreatogenen Diabetes. Einigen Risiken der autologen Inselzelltransplantation könne man aber entgegenwirken, ermunterte Prof. Ludwig. Isoliert man vor einer Pankreasresektion die Inselzellen und führt sie dem Patienten hinterher wieder zu, wäre zumindest die Immunsuppression unnötig.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, die prinzipiell unbegrenzt zur Verfügung stehenden Inselzellen von Schweinen so zu verpacken, dass sie vom Immunsystem nicht erkannt und attackiert werden. Erste Versuche an Primaten zeigten bereits Erfolge. Auch eine Stammzelltherapie wäre denkbar. Diese hat bisher im Mausmodell funktioniert, aber nicht beim Menschen.
Quelle: 64. Deutscher Kongress für Endokrinologie (Online-Veranstaltung)