Vitamin D: Substitution verlängert wohl nicht das Leben von Krebspatienten
Lässt eine Untersuchung mit mehr als 40 000 Patienten noch Fragen offen? Mit dieser Daten-Power kam eine Metaanalyse von Beobachtungsstudien 2017 zu dem Ergebnis: Hohe Vitamin-D-Spiegel verlängern bei Tumorpatienten das progressionsfreie und auch das Gesamtüberleben. Allerdings suchten einzelne randomisierte Studien nach solchen protektiven Effekten bislang vergeblich.
Deshalb wollte das Team um den Epidemiologen Dr. Mitsuyoshi Urashima von der Universitätsklinik Tokio nun wissen: Sind die Kollegen einer Täuschung erlegen? Stecken hinter dem beobachteten Vitamin-D-Effekt nicht doch bloß gesunde Verhaltensweisen, die gerade Menschen mit hohen Spiegeln oft ebenfalls praktizieren?
417 Patienten im Durchschnittsalter von 66 Jahren und mit gastrointestinalen Tumoren in den verschiedensten Stadien ließen die Forscher in der Amanterasu-Studie im Schnitt 3,5 Jahre lang zusätzlich zur übrigen Therapie täglich 2000 IU Vitamin D oder Placebo einnehmen. Das Ergebnis: Auch nach fünf Jahren fanden sich zwischen den Gruppen keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf das rezidivfreie und das Gesamtüberleben.
In einer Studie nur Patienten mit Kolonkarzinom eingeschlossen
Dr. Kimmie Ng vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston und Kollegen nahmen in ihrer Sunshine-Studie eine Subgruppe von Patienten noch einmal genauer unter die Lupe. An ihrer multizentrischen Untersuchung nahmen ausschließlich Kolonkarzinom-Patienten mit fortgeschrittenen oder metastasierten Stadien teil. Parallel zur Chemotherapie erhielten sie Vitamin D – entweder in sehr hoher Dosis (8000 IU/d im ersten Zyklus, dann 4000 IU/d) oder in Standarddosierung (400 IU/d). Nach 23 Monaten Beobachtungszeit fanden sich zwischen den Gruppen keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf das progressionsfreie Überleben.
Im Labor waren die Indizien für eine hilfreiche Wirkung dagegen noch sehr überzeugend gewesen. Die Bindung des Vitamins an seinen Rezeptor war dort unter anderem mit einer Induktion der Apoptose sowie der Inhibition von Krebsstammzellen verbunden. Proliferation und Metastasierung wurden gehemmt.
Positive Hinweise zumindest in Subgruppen
Nun habe sich selbst bei hohen Dosen kein Benefit gefunden, schreiben Dr. Elizabeth Barry von der Epidemiologie der amerikanischen Geisel School of Medicine in Dartmouth und Kollegen in einem begleitenden Kommentar. Allerdings seien die Studienautoren aktuell zumindest in einzelnen Subgruppen auf positive Hinweise gestoßen, wenn auch schwache. Deshalb lautet ihr Fazit: Benötigt wird die Überprüfung der These in weiteren Untersuchungen.
1. Urashima M et al. JAMA 2019; 321: 1361-1369
2. Ng K et al. A.a.O.: 1370-1379
3. Barry EL et al. A.a.O.: 1354-1355