Ursachenforschung bei Uveitis Von Toxoplasmose bis Multiple Sklerose ist alles möglich
In den westlichen Industrieländern lässt sich rund jeder fünfte Fall von Erblindung auf eine Uveitis, d.h. auf eine Entzündung der mittleren Augenhaut, zurückführen. Zu den häufigsten Gründen für eine irreversible Visusminderung durch Uveitis zählt das Makulaödem, schreibt Professor Dr. Christoph Deuter vom Universitätsklinikum Tübingen. In Abhängigkeit von Entität und Lokalisation können allerdings auch andere Komplikationen wie zum Beispiel Katarakte, Glaukome oder eine Netzhautablösung auftreten.
Anteriore Uveitis
Mit einem Anteil von 91 % aller Uveitisfälle in niedergelassenen Augenarztpraxen ist die anteriore Uveitis die häufigste Form. Dabei liegt der Schwerpunkt der Entzündung im Bereich der Regenbogenhaut und kann sich bis zum Ziliarkörper erstrecken. Typische Anzeichen sind Lichtempfindlichkeit, Rötungen und Schmerzen an den Augen.
Eine akute anteriore Uveitis tritt in der Regel idiopathisch oder im Rahmen einer Spondyloarthritis auf. Bei Kindern liegt ihr am ehesten eine juvenile idiopathische Arthritis (JIA) zugrunde. Problematisch ist bei der JIA, dass die Augenbeteiligung trotz schwerster intraokularer Entzündung äußerlich unauffällig erscheint und deshalb oft erst sehr spät bemerkt wird, warnt Prof. Deuter. Weitere Auslöser einer nicht-infektiösen anterioren Uveitis sind beispielsweise Sarkoidose und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Insbesondere bei jungen Patienten kommt darüber hinaus ein tubulointerstitielles Nephritis- und Uveitis-Syndrom (TINU) in Betracht.
Häufigste infektiöse Auslöser sind die Viren der Herpesfamilie. Aber auch im Rahmen von Röteln, Syphilis, Borreliose und Tuberkulose kann eine – meist einseitige – anteriore Uveitis auftreten. Akute infektiöse Uveitiden enden oft in einem Sekundärglaukom.
Intermediäre Uveitis
Bei einer intermediären Uveitis liegt der Schwerpunkt der Entzündung im Glaskörperraum. Im Gegensatz zur anterioren Form sind Schmerzen und Rötungen eher untypisch. Vielmehr berichten die Betroffenen über ein langsam fortschreitendes Verschwommensehen.
Meist lassen sich auf beiden Seiten Trübungen oder zellige Infiltrationen im Glaskörper erkennen. Kugelige Konglomerate von Entzündungszellen, sogenannte „snowballs", bestätigen die Diagnose. Auch die Gefäße können von der Entzündungsaktivität betroffen sein.
Mehr als die Hälfte der Fälle von intermediärer Uveitis sind idiopathisch. Anders als bei der anterioren Uveitis scheinen rheumatische Erkrankungen keine Rolle zu spielen. Differenzialdiagnostisch relevant sind dahingegen Multiple Sklerose und bei älteren Patienten ein intraokulares Lymphom.
Posteriore Uveitis
Bei der posterioren Uveitis erstreckt sich der Schwerpunkt der Entzündung über die Aderhaut und/oder Netzhaut. Dies kann Symptome wie Visusminderung, Photopsien, Flimmern, Skotome und Mouches volantes hervorrufen. In einigen Fällen finden sich bei der Fundoskopie weiße Flecken am Augenhintergrund. Bei den sogenannten „White-Dot-Syndromen“ handelt es sich überwiegend um sehr seltene Erkrankungen wie die Birdshot-Chorioretinopathie. Sie ist eine eigenständige Entität und durch Assoziation mit HLA-A29 gekennzeichnet.
Als weitere Auslöser einer posterioren Uveitis kommen unter anderem Sarkoidose, systemischer Lupus erythematodes und das Behçet-Syndrom infrage. Zu den häufigsten infektiösen Ursachen zählen vor allem die Toxoplasmose, aber auch Tuberkulose, Syphilis und Infektionen mit Herpesviren.
Diagnostik der Uveitis
Eine Basisdiagnostik sollte unmittelbar bei der Erstdiagnose erfolgen bzw. im Falle einer anterioren Uveitis spätestens beim zweiten Schub. Diese umfasst ein Blutbild mit Differenzialblutbild sowie die Bestimmung von CRP und/oder BSG, Kreatinin, Elektrolyten, GOT, GPT, Angiotensin-Converting-Enzym und/oder löslichem Interleukin-2-Rezeptor. Obligat ist außerdem eine Serologie auf Syphilis. Die von den Leitlinien ebenfalls geforderte Borrelienserologie wird Prof. Deuter zufolge jedoch zunehmend kritisch hinterfragt.
Eine weiterführende Zusatzdiagnostik ist nur in Einzelfällen nötig, um eine Verdachtsdiagnose zu bestätigen. Sinnvoll ist sie auch bei bei therapieresistenten Patienten oder vor dem Beginn einer immunmodulierenden Therapie. Ein Beispiel für eine fakultative Zusatzdiagnostik ist der Interferon-Gamma-Release-Assay (IGRA) bei Verdacht auf eine tuberkuloseassoziierte Uveitis oder vor Einleitung einer Biologikatherapie.
Eine HLA-Typisierung sollte nur gezielt vorgenommen werden. So macht die Suche nach HLA-B27 ausschließlich bei akuter anteriorer Uveitis Sinn, da andere Uveitiden in der Regel nicht mit HLA-B27-assoziierten Erkrankungen einhergehen. Sinnvoll ist zudem die Bestimmung von HLA-B51 bei Verdacht auf ein Behçet-Syndrom und von HLA-A29 bei Verdacht auf eine Birdshot-Chorioretinopathie. Darüber hinaus ist eine Bestimmung der antinukleären Antikörper (ANA) und der antineutrophilen zytoplasmatischen Antikörper (ANCA) bei Verdacht auf eine Kollagenose bzw. eine systemische Kleingefäßvaskulitis empfehlenswert. Eine Sarkoidose oder Tuberkulose lässt sich mittels Röntgenthorax ausschließen.
Auch eine Schädel-MRT (cMRT) kann diagnostisch erforderlich sein. Bei jungen Patienten mit intermediärer Uveitis gilt es, damit eine Multiple Sklerose auszuschließen. Bei Patienten über 50 mit deutlicher Glaskörperentzündung dient die cMRT dem Ausschluss eines ZNS-Lymphoms.
Quelle: Deuter C. internistische praxis 2023; 66: 307-318 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach