Aufklärung erwünscht Wissenswertes zu Beckenbodenproblemen bei Sportlern

Autor: Sabine Mattes

Der Beckenboden eines Sportlers sollte genau wie andere Muskelgruppen trainiert werden. Der Beckenboden eines Sportlers sollte genau wie andere Muskelgruppen trainiert werden. © VectorMine – stock.adobe.com

Probleme mit dem Beckenboden sind unter Sportlern weit verbreitet, doch kaum jemand spricht das Thema von sich aus an. Ärzte sollte Symptome wie Inkontinenz, Schmerzen und funktionelle Störungen beim Geschlechtsverkehr im Hinterkopf haben und ggf. danach fragen.

Viele Athleten leiden unter Problemen mit dem Beckenboden – darüber gesprochen wird jedoch selten. Insbesondere Sportarten mit hoher Belastung, sogenannte „High-Impact-Sports“, erhöhen das Risiko. So sind beispielsweise 76 % aller Volleyballspielerinnen von Harninkontinenz betroffen.

Symptomatik umfasst auch Probleme beim Sex

Funktionsstörungen im Beckenboden sind vielfältiger Natur, schreiben Dr. Silvia Giagio von der Universität Bologna und Kollegen. Neben Harn- oder Stuhlinkontinenz äußern sie sich auch durch Schmerzen, Funktionsstörungen beim Geschlechtsverkehr oder einen Prolaps der Beckenorgane. Viele Athleten und Mediziner sind leider immer noch nicht ausreichend über das Thema informiert, kritisieren die Wissenschaftler. Sportler gingen mit ihren Problemen oft nicht zum Arzt. Um die Situation zu verbessern, sollten ihrer Auffassung nach alle Beteiligten die folgende Fakten kennen:

  • Sport kann den Beckenboden stärken – er kann ihn aber auch schädigen. Wo die Belastungsgrenze liegt, ist individuell unterschiedlich.
  • Sportarten mit hoher Belastung erhöhen das Risiko für Beckenbodenstörungen. Die Beschwerden können jedoch auch bei anderen Sportarten auftreten.
  • Eine Beckenbodenschwäche manifestiert sich nicht ausschließlich mit einer Belastungsinkontinenz.
  • Auch Männer entwickeln mitunter eine Beckenbodenfunktionsstörung, allerdings gibt es dazu bislang kaum Forschung.
  • Schwangerschaften und Alter gelten als Risikofaktoren, dennoch kommen Beckenbodenprobleme auch bei Jugendlichen und kinderlosen Frauen vor.
  • Es ist möglich, dass sich die körperlichen Beschwerden negativ auf die Psyche auswirken und so die sportliche Leistungsfähigkeit beeinflussen.
  • Sportlerinnen in der Postnatalperiode verlangen besondere Aufmerksamkeit und insbesondere ein angepasstes Programm zur Rückkehr in den Sport.

Was also kann man tun, um Beckenbodenproblemen bei Athleten entgegenzuwirken? „Der Beckenboden eines Sportlers sollte genau wie andere Muskelgruppen trainiert werden“, schreiben Dr. Giagio und Koautoren.Sie empfehlen ein routinemäßiges Screening, unabhängig von Alter, Geschlecht oder ausgeübter Sportart. Dazu geeignet ist beispielsweise das Tool PFD- SENTINEL*. Die Therapie von Beckenbodenstörungen sollte auf jeden Athleten individuell zugeschnitten sein und idealerweise von einem multidisziplinären Team umgesetzt werden.

* Pelvic Floor Dysfunction-ScrEeNing Tool IN fEmale athLetes

Quelle: Giagio S et al. Br J Sports Med 2023; DOI: 10.1136/bjsports-2023-107241