Zöliakie: Enteroviren, die Darmzotten minimieren?
Neben einer glutenhaltigen Ernährung liegen einer Zöliakie bislang unbekannte Umweltfaktoren zugrunde. Betroffen sind fast ausschließlich Menschen mit den Genotypen HLA-DQ2 oder -DQ8, die in etwa 40 % der Bevölkerung auftreten. Häufig beginnt die Autoimmunerkrankung bereits im Kindesalter.
Mehrere Studien weisen auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Zöliakie und einer vorangegangenen Infektion mit Adeno- oder Enteroviren hin. Dieser Vermutung gingen Dr. Christian R. Kahrs von der Universität Oslo und Kollegen in einer Fallkontrollstudie nach, an der zwischen 2001 und 2007 insgesamt 220 Kinder teilnahmen, die alle einen HLA-DQ2/DQ8-Genotyp und somit ein erhöhtes Risiko aufwiesen.
Im Alter von 3–36 Monaten wurden von allen Probanden monatlich Stuhlproben auf Nukleinsäuren von Adeno- und Enteroviren untersucht. Zudem analysierten die Forscher Plasmaproben der Teilnehmer im Alter von drei, sechs, neun und zwölf Monaten und danach jährlich bis 2016 auf Zöliakie-Antikörper. Nach durchschnittlich zehn Jahren gab es 25 Zöliakiefälle in der Studienpopulation. Diese wurden für die Auswertung jeweils mit zwei im Hinblick auf Nachbeobachtung, Geburtsdatum und Wohnort übereinstimmenden gesunden Kontrollen verglichen.
Mutmaßlicher Trigger: eine geschädigte Darmbarriere
Enteroviren kamen in 17 % aller Stuhlproben vor, jedoch deutlich häufiger in Proben von Kindern, die später Zöliakie-Antikörper aufwiesen. Der Zusammenhang bestand für Enterovirus A und B, allerdings nur für den Zeitraum, nachdem Gluten in die Ernährung der Kinder eingeführt worden war. Neben dem Zeitpunkt schienen erhöhte Virentiter (> 100 000 Kopien/ml) und längere Krankheitsverläufe (> 2 Monate) das Erkrankungsrisiko maßgeblich zu beeinflussen. Eine Assoziation zwischen der Darmerkrankung und Adenoviren als mögliche Auslöser fanden die Forscher nicht. Vermutlich setzt eine Infektion mit Enteroviren die Barrierefunktion des Darms herab, was ihn anfälliger für die Entwicklung einer Zöliakie macht, spekulieren die Autoren. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, könnte eine Impfung das Erkrankungsrisiko senken, so ihr Fazit. Ein entsprechender Impfstoff ist bislang allerdings nicht verfügbar.
Quelle: Kahrs CR et al. BMJ 2019; 364: l231