Das Geld ist alle
Jetzt versuchen Jens Spahn und Kanzlerkandidat Olaf Scholz die jährlichen GKV-Defizite mit Extra-Bundeszuschüssen in Milliardenhöhe so auszugleichen, dass der Zusatzbeitrag nicht erneut heraufgesetzt werden muss.
Schon für dieses Wahljahr gelang es nur knapp, die magische 40 %-Sozialabgabengrenze einzuhalten. Die Pandemie-Zusatzkosten im Gesundheitswesen laufen in großen Teilen über den Bundeshaushalt. Schuldenmachen tut bei Null- und Negativzinsen nicht so weh. Die Kassen verweisen allerdings darauf, dass ihre Ausgaben aufgrund der Spahn‘schen Leistungsgesetze coronaunabhängig weiter zulegen werden.
Zu den kurz- und mittelfristigen Entwicklungen kommt der demografische Trend hinzu. 2040 wird es hierzulande ein Drittel mehr über 66-Jährige geben als 2019. Also mehr Leistungsbezieher. Parallel werden nach einer Schätzung des Prognos-Instituts (im Auftrag einer Arbeitgeber-Lobbyorganisation) ohne Reformen die Beitragssätze für Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung in toto bis zum Jahr 2040 auf 46 % steigen.
Ohne Reformen? Nun, das wird nicht passieren (dafür sind solche Prognosen ja gedacht). Natürlich kann die nächste Regierung ebenfalls die Krankenversicherung mit mehr Staatsknete entlasten. Doch auch Worte wie „Eigenverantwortung“, „Kostendämpfung“ und „Wirtschaftlichkeitsgebot“ werden vermutlich wieder auftauchen. Ergebnisoffen erwähnen Kassenfunktionäre den „kostspieligen Arzneimittelbereich“ und mittelfristige Strukturmaßnahmen im Kliniksektor.
Sehr gespannt bin ich, welche/r Gesundheitsminister/in das dann auf die Kette bringen darf. Jens Spahn hat sich zweifellos als Pandemie- und Digitalierungsminister einen besonderen Platz in den Annalen der deutschen Gesundheitspolitik erobert. Fertig klingt seine Geschichte aber noch nicht.
Rückblickend ist klar: Die Regierungsperioden mit Gröhe und Spahn als BMG-Chefs waren finanziell sichere Jahre. Das kollektive Aufräumen und Neueinrichten beginnt 2022.
Michael Reischmann
Ressortleiter Gesundheitspolitik