Den ernährungsmedizinischen Heiligenschein erhält ...
Gerade erst fanden die Sommer-Europameisterschaften, entschuldigen Sie, die „European Championships 2018“ statt. Die Sportler haben sich u.a. in der Leichtathletik, im Turnen, Schwimmen, Radsport und Rudern gemessen und sich zum Teil bis zur Erschöpfung verausgabt. Und was macht der Durchschnittsdeutsche? Er sitzt nur noch rum. So zu lesen in meiner Lokalzeitung vom 8. August.
Die meisten lümmeln im Sessel vor dem Fernseher, gerade auch bei großer Hitze, in die niemand hinausgehen will. Sport bzw. Bewegung findet entweder nur noch im Fernsehen, auf der Zuschauertribüne eines Stadions oder im Fitnessstudio statt, wo Mann oder Frau natürlich mit dem Auto hinfahren und möglichst die Treppe mittels eines Lifts umgehen.
In der morgendlichen Kühle ist es auszuhalten
Natürlich will ich niemanden und schon gar keinen alten oder kranken Menschen bei hohen Lufttemperaturen ins Freie „hetzen“ oder von jemandem verlangen, dass er oder sie die hohen Ozonkonzentrationen einatmen. Aber in der morgendlichen Kühle, im See oder Schwimmbad ist es durchaus auszuhalten und Schwimmen oder Spazierengehen ist ohne Überanstrengung in Maßen möglich. Soweit so gut. Ich weiß, dass ich da als „Rufer in der Wüste“ ungehört bleibe und nicht jeder ein Frühaufsteher ist, der gerne um 6 Uhr seine Runden dreht.
Interessant fand ich auch die Meldung der Universität Wien, die vor einigen Wochen vor den gesundheitlichen Folgen der Fußballweltmeisterschaft warnte. Im primären Fokus waren aber nicht zu viel Aufregung, Stress oder Panikattacken in überfüllten Stadien, auch nicht die Mannschaftspackung Hamburger, Bratwürste, Pommes, Chips, Kekse und der Elferpack Bier, sondern die Aufnahme von zu viel zuckerhaltigen Getränken! Es wurde empfohlen, statt der Limonaden doch mehr Schorle zu trinken. Bei drei Spielen pro Tag ließen sich da viele unnötige Kalorien einsparen, hieß es da.
Ja, wo leben die denn? Die Fußballfans, die ich in meiner Praxis sehe, trinken weder Limo noch Schorle, sondern Bier beim Fußballgucken. Und da sie nicht bereit sind, ihr Bier zu verdünnen – das machen ja nur Leute, die sich selber sportlich betätigen und das ewige Wasserschlabbern satthaben –, resultieren ganz schön viele Kalorien. Außerdem regt Bier den Appetit an. Also wird der Grill angeworfen oder die Chipstüte geöffnet. Und da kommt noch viel mehr zusammen. Kalorienmäßig.
Ich bin froh, dass die WM so kurz war
Aber wen interessiert’s? Die Gesundheit der Fußballfans scheint dem DFB egal, denn zu seinen Sponsoren gehören Firmen wie McDonald’s und CocaCola. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte kritisierte daher meines Erachtens zurecht die Werbedeals des DFB mit diesen Konzernen: „Geschäfte mit den Kinder-Dickmachern gehen gar nicht.“ Schließlich sei in der Satzung des DFB die Förderung von gesunder Ernährung und ausreichender Bewegung als Vereinsziel verankert. Der DFB verteidigt sich mit den Argumenten, die beiden Firmen würden sich ja in karitativen Projekten engagieren sowie Initiativen und Aufklärung zum Thema gesunde Ernährung und Bewegung sponsorn.
Und, so wird weiter frech argumentiert, „ist ja ein Hamburger mit Salat und Orangensaft keine Fehlernährung“. Kommt drauf an, was im Hamburger drin ist, würde ich sagen. Und wie viele Pommes und Brötchen dazu kommen.
Bevor nun McDonald’s und CocaCola den ernährungsmedizinischen Heiligenschein verliehen bekommen: Ich bin ich froh, dass die Fußball-WM für uns Deutsche so kurz war. Wenn auch viele Fans sehr enttäuscht wurden, für die Gesundheit der Bevölkerung wars ein Gewinn!