Protest Der BVND und seine Partner fordern Nachbesserungen am GVSG

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Versammlung vor dem Ministerium. Vorn: Dr. Burkhard Ruppert, Vorstands­vorsitzender der KV Berlin, und Nicole Mattig-Fabian, Geschäfts­führerin diabetesDE. Dahinter in roter Jacke: Sabrina Vité, Teamleiterin Akademie und Gesundheitspolitik der DDG. Versammlung vor dem Ministerium. Vorn: Dr. Burkhard Ruppert, Vorstands­vorsitzender der KV Berlin, und Nicole Mattig-Fabian, Geschäfts­führerin diabetesDE. Dahinter in roter Jacke: Sabrina Vité, Teamleiterin Akademie und Gesundheitspolitik der DDG. © DDG/Dirk Deckbar

Mit Trillerpfeifen, Plakaten und äußerst entschlossen zogen sie vor das Bundesgesundheitsministerium: über 100 Diabetologinnen und Diabetologen, außerdem Patientinnen und Patienten und Unterstützer von Verbänden, Organisationen und aus der Politik. Mit dabei hatten sie Listen mit über 90.000 im Rahmen einer Petition gesammelten Unterschriften. 

Mit einer Petition hatte der Bundesverband niedergelassener Diabetologen (BVND) in den vergangenen Wochen die Politik aufgefordert, Nachbesserungen am Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) vorzunehmen. Für kritisch befunden werden insbesondere die geplante Umstellung von Quartalspauschalen auf Jahrespauschalen für die Versorgung von chronisch erkrankten Menschen sowie die im Gesetzesentwurf vorgesehenen Kriterien, unter welchen die Vorhaltepauschalen gestaffelt ausgezahlt werden.

Und am späten Vormittag des 13. September war es dann so weit: Eine engagierte Truppe mit Vertreter*innen des BVND, der DDG, von diabeteDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und aus der Politik versammelte sich vor dem Bundesministerium für Gesundheit und forderte die Politik entschlossen zum Handeln auf. Nachdruck verleihen dieser Forderung die 90.000 Unterschriften, die belegen, wie wichtig vielen eine gute ambulante Versorgung von Menschen mit Diabetes ist. Entgegengenommen wurden die blauen Ordner mit den Unterschriftenlisten von Michael Weller, im Ministerium Leiter der Abteilung 2, Gesundheitsversorgung, Krankenversicherung.

Die Existenz ist bedroht – und damit auch die Versorgung

Was genau möchten der BVND und seine Partner erreichen? „Wir sind heute hier, um auf die Bedürfnisse von chronisch Erkrankten und uns Ärztinnen und Ärzten, die diese versorgen, aufmerksam zu machen. Der derzeitige Entwurf des GVSG bedroht die Existenz vieler diabetologischer Schwerpunktpraxen und damit ganz unmittelbar die künftige Versorgung von chronisch und schwer an Diabetes erkrankten Menschen“, so Dr. Iris Dötsch, stellvertretende BVND-Vorsitzende und niedergelassene Diabetologin aus Berlin. „Die Problematik hat man inzwischen auch im BMG erkannt. Wir fordern nun die Politik auf, das Gesetz im parlamentarischen Verfahren entsprechend nachzubessern. Entsprechende konkrete Vorschläge dafür liegen auf dem Tisch!“

DDG: Bundestagsabgeordnete sollen das Gesetz anpassen

Die DDG teilt die Einschätzung des BVND uneingeschränkt: „Die Zukunft der diabetologischen Schwerpunktpraxen, die mit ihren strukturellen, organisatorischen und personellen Voraussetzungen eine umfassende Expertise bei der Versorgung von Menschen mit Diabetes aufweisen, ist mit dem aktuellen Entwurf des GVSG in akuter existenzieller Gefahr. Es ist inakzeptabel, dass die Politik die medizinische Versorgung dieser Menschen aufs Spiel setzt, weil die erforderliche leitliniengerechte Behandlungsintensität und -qualität nicht mehr vergütet werden kann. Wir appellieren an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, das Gesetz anzupassen und die Bedürfnisse von Menschen mit Diabetes endlich ernst zu nehmen“, erläutert Dr. Tobias Wiesner, DDG Vorstandsmitglied, niedergelassener Diabetologe aus Leipzig und ebenfalls stellvertretender Vorsitzender des BVND.

Auch diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe sorgt sich um die künftige Versorgung: „Vor zwei Wochen hatten wir ein Treffen mit 40 engagierten Menschen mit Diabetes, die sich entsetzt zeigten über die bisherige Version des GVSG. Sie fordern mehr Respekt für ihr tägliches Diabetes-Management und die engmaschige Versorgung in den Diabetes-Praxen“, sagt Nicole Mattig-Fabian, Geschäftsführerin von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.

Michael Weller vom Ministerium fand bei der Übergabe der Unterschriften ermutigende Worte: Der BVND weise offenbar zurecht auf  besondere Herausforderungen für Diabetolog*innen und Patientinnen durch die vorgeschlagenen Regelungen. Das müsse „im weiteren Verfahren gelöst werden“.

Kampagne „Richtig versorgt statt ständig besorgt“: Forderung an Politik, hochwertige stationäre Versorgung sicherzustellen

Die Klinikreform geht in ihre heiße Phase. Versicherte appellierten in E-Mails an die Bundestagsabgeordenten im Gesundheitsausschuss sowie an Politiker*innen aus ihren Wahlkreisen, die spezialisierte und qualitativ hochwertige stationäre Versorgung von Menschen mit Diabetes sicherzustellen.

Der Terminplan für das Krankenhausversorgungs­verbesserungsgesetz (KHVVG) sieht die 2./3. Lesung im Bundestag am 18. Oktober 2024 vor. Letzte, ggf. entscheidende Änderungen am Gesetzentwurf werden vorher im Gesundheitsausschuss von den Fraktionen der Regierung auf den Weg gebracht. Eine Expertenanhörung im Ausschuss fand am 25. September statt. Zu diesem Anlass meldeten sich Menschen mit Diabetes und deren Angehörige bei den Parlamentarier*innen per E-Mail. Ein Anschreiben mit den Kernforderungen ist auf www.diabetes-versorgung.de verfügbar. Auch Social-Media-Posts mit den Hashtags #BesorgtStattVersorgt und #DiabetesVersorgung machen das Anliegen bekannt.

Ins Leben gerufen wurde die Kampagne federführend vom Bundesverband Klinischer Diabetes-Einrichtungen (BVKD). Beteiligt sind der Bundesverband Niedergelassener Diabetologen (BVND) sowie der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD). Kooperations- und Medienpartner ist die MedTriX Group mit dem Patientenmedium Diabetes-Anker. Die Verbände fordern eine Förderung der stationären Versorgung, z. B. in Gestalt spezifischer Diabeteseinheiten.

Auch müssten für die Zuweisung der Leistungsgruppe „Endokrinologie und Diabetologie“ zwingend Fachärzt*innen für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung „Diabetologie“ als gleichwertiges Strukturkriterium zu den Fachärzt*innen für Endokrinologie anerkannt werden. Das verlangt auch die AG Diabetischer Fuß der DDG in einem Positionspapier. Denn schon heute gebe es nicht ausreichend viele Internist*innen mit Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie, um die stationäre Versorgung der Menschen mit Diabetes sicherzustellen. Das Musterschreiben an die Abgeordnenten verweist auf die Argumente und Vorschläge der DDG sowie weiterer Fach- und Patientenverbände, wie das KHVVG angepasst werden sollte.

Falls die Vorschläge bei der Ampel ungehört verhallen, aber Bund und Länder weiter um Vorgaben ringen, ergäbe sich noch eine weitere Kampagnenphase. Diese würde sich an die Gesundheitsminister der Länder und den Gesundheitsausschuss des Bundesrates wenden. Denn der zweite Durchgang im Bundesrat ist für den 22. November terminiert. Zwar bedarf es laut Bundesgesundheitsministerium keiner Zustimmung durch die Länderkammer. Aber wie beim Krankenhaustransparenzgesetz könnte die Anrufung des Vermittlungsausschusses das Inkrafttreten verzögern, was Prof. Dr. Karl Lauterbach vermeiden möchte.