Die heiligen Hallen der Hautgesunden
Wintersportler haben bei dem warmen Wetter bereits aufgegeben oder sind in die Alpen geflüchtet. Wie wäre es also alternativ mit einem Besuch im heimischen Hallenbad? Checken Sie aber bitte vorher, ob Ihre Haut auch für die regionalen Badeanstalten ansehnlich genug ist, sonst kann es eventuell ein kurzer Ausflug werden.
Bereits letzten Sommer machten Dermatologen darauf aufmerksam, dass die Hausordnung vieler Badeanstalten Patienten mit chronischen Hauterkrankungen diskriminiert. „Personen mit Hautveränderungen“ waren offiziell oft vom Besuch ausgeschlossen. Nur kommen „Schuppung und Schorf“ nicht nur bei infektiösen (Haut-)Krankheiten vor, die zurecht nicht ins Becken gehören. Zwar gibt es eine überarbeitete Mustervorlage der Deutschen Gesellschaft für Badewesen. Aber schaffte es diese auch in die heiligen Hallen der Hautgesunden?
Im Gegensatz zu den Berliner Bädern, die in nicht-infektiösen Hautveränderungen keinen Ausschlussgrund sehen (Stand 2018), blieb beispielsweise die Hausordnung der Frankfurter Bäder – auch ein Zusammenschluss mehrerer Einrichtungen in und um die hessische Großstadt – bisher unverändert. Sie verweigert in der aktuell zum Download verfügbaren Hausordnung (Stand 2017) weiterhin nicht nur „Personen, die an einer meldepflichtigen übertragbaren Krankheit oder offenen Wunden“ leiden, den Zutritt, sondern auch denen mit „Hautveränderungen (z.B. Schuppen, Schorf)“.
Die Stadtwerke München gehen dagegen einen relativ unverblümten Weg: Erwähnt wird das Wort „Haut“ in der Hausordnung von Oktober 2019 zwar nicht. Allerdings stellt sich mir die Frage, was eine „Anstoß erregende Krankheit“ ist und wer diese empfundene Anstößigkeit beurteilt. Das Kassenpersonal? Der Bademeister? Die Münchner Schickeria? Hoffentlich sind zumindest die Frankfurter ein Beispiel für Bäder, die bisher einfach nur vergessen haben, ihre alte Hausordnung zu ändern.
Vielleicht liegt es ja an der hessischen Mentalität. Aus der Landesverfassung verschwand die Todesstrafe immerhin erst 2018. Vielleicht sollten sie in diesem Fall aber keine 70 Jahre warten.
Dr. Susanne Gallus
Redaktion Medizin