Forschungsinstitut sagt Rekordminus in der GKV voraus
Der Vorstandsvorsitzende der DAK, Andreas Storm, sieht nur eine Lösung, um die grundsätzliche Entwicklung der GKV-Finanzen zu bewerten: einen Kassensturz nach der Bundestagswahl. Es seien mehrere Fragen zu beantworten: Wie werden sich die GKV-Finanzen bis 2025 (nächste Wahlperiode) entwickeln? Reichen jährlich zusätzliche 7 Mrd. Euro Bundeszuschuss angesichts kostenintensiver Gesetzgebung aus? Unter welchen Voraussetzungen und wie lange kann der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz stabil bleiben?
Storm gibt zu bedenken, dass die Pandemie in nahezu allen Bereichen des Gesundheitswesens zu Sonderentwicklungen oder zu abweichenden Regelungen, z.B. bei der Krankenhausfinanzierung, geführt hat. Dadurch werde manche Gesetzgebungsfolge erst ab 2022 deutlich sichtbar. Auch seien längerfristige Konsequenzen von Corona bisher kaum abschätzbar. Anders sei es beim medizinisch-technischen Fortschritt und Innovationen, Stichwort hochpreisige Arzneimittel, sowie beim demografischen Wandel. Geburtenstarke Jahrgänge kommen ins Rentenalter – mit entsprechend höheren Gesundheitsaufwendungen.
Kassensturz nötig, in der GKV und auch im Bundeshaushalt
Dass die GKV in den nächsten Jahren mit einer deutlich verschlechterten Finanzlage zu rechnen hat, hin zu einem negativen Saldo, beschreibt das Berliner IGES-Institut in einem von der DAK beauftragten Gutachten. Die Zukunft sieht nicht rosig aus, ein „Weiter so!“ kann es nicht geben, auch versicherungsfremde Leistungen müssen auf den Prüfstand, so das Fazit. Das bestätigen Vertreter der Bundestagsfraktionen.
Der CDU-Abgeordnete Erwin Rüddel, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses, zeigt sich überzeugt: „Wir müssen grundsätzlich an unseren Sozialstaat herangehen und prüfen, wie weit dieser in der jetzigen Form zu finanzieren ist.“ Hilfe zur Selbsthilfe, solidarisches Handeln und Eigenverantwortung würden eine neue Rolle spielen müssen. Auch Fehlanreizen und Doppelstrukturen müsse nachgegangen werden. „Kassensturz ja, das gilt aber auch für den Bundeshaushalt“, so Rüddel. „Wir brauchen nach der Pandemie keine Beitragssatz- und keine Steuererhöhungen“, ansonsten sei kein Wirtschaftsaufschwung zu schaffen.
Problem ohne Steuer- und Betragserhöhung unlösbar
Ohne Steuer- und Betragssatzerhöhung sei das Problem zumindest kurzfristig nicht zu lösen, so Bärbel Baas, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion. Langfristig sei über eine breite Finanzierungsbasis nachzudenken. Die Politikerin erinnert an die Bürgerversicherung. Dr. Martin Albrecht, Geschäftsführer und Leiter des Bereichs Gesundheitspolitik beim IGES, mahnt hinsichtlich der Zahlen aus dem Gutachten, dass der erforderliche höhere Bundeszuschuss allerdings noch vor der Bundestagswahl im September angepasst werden müsse, ansonsten sei die Handlungsfähigkeit der GKV in der kommenden Legislaturperiode bedroht. „Die Politik muss eine auskömmliche und verlässliche Finanzierung nachhaltig sicherstellen.“Kongressbericht: Hauptstadtkongress 2021