Glosse Ist ein Arzt am Gate?
Wer am Flughafen in die Verlegenheit gerät, fachlich gebraucht zu werden, muss mit anderen Einsätzen rechnen als an Bord einer Maschine. Von Vorteil ist die Weiterbildung in Psychosomatischer Grundversorgung. Denn akute Belastungsreaktionen und depressive Episoden quälen die Fluggäste. Das lange Warten fühlt sich für viele wie Folter an. Waterboarding statt Boarding. Abhilfe schafft eine Kurzintervention. Wichtigste Fragen in der Anamnese: „Wie lange sitzen Sie schon hier?“ und „Haben Sie Deo-Spray im Handgepäck?“.
Verbandmaterial darf in keinem Arzt-Trolley fehlen. Neben Blessuren durch das Geschubse in der Priority Lane müssen Auffahrunfälle durch Gepäckwagen und Sportverletzungen von Beförderungsband-Joggern versorgt werden. Bei ausgeprägten Wunden empfiehlt man bevorzugt Langstreckenpflege.
Als typischer Notfall aufgrund von Verspätungen und Flugausfällen gilt die Alkoholintoxikation in der Business Lounge. Um abzuheben, greifen manche aber schon zu härteren Drogen. Abstürze lassen sich mit einem Downgrade in die Economy Class vermeiden.
Ein Ausflug in die Business Lounge kann sich für Ärztinnen und Ärzte auch finanziell lohnen. Wo sonst könnte man individuelle Gesundheitsleistungen besser anbieten? Für die Reisenden geht das ganz ohne Termin(al). Doch Achtung: Abrechnen muss man diese IGeL duty free.
Dringend benötigt werden medizinische Fingerfertigkeiten an der Sicherheitskontrolle. Eine gründliche körperliche Untersuchung macht das halbherzige Abtasten durch das Flughafenpersonal überflüssig. Wer zusätzlich einen coolen Körperscanner bedienen und das Bild befunden will, sollte sein radiologisches Basiswissen vorher etwas auffrischen.
Langweilig wird es vor dem Start in den Urlaub also nicht. Und bei so viel Arbeit vergeht zumindest die eigene Wartezeit wie im Flug.
Dr. Sascha Gehrken
Redakteur Medizin