Drei Kinder, alleinerziehend KV und Sozialgericht sehen keine „schwerwiegenden Gründe“ für Befreiung von Bereitschaftsdienst

Gesundheitspolitik Autor: Isabel Aulehla

Der Bereitschaftsdienst sei langfristig genug planbar, um eine Kinderbetreuung zu organisieren, meint die KV Bayerns. Der Bereitschaftsdienst sei langfristig genug planbar, um eine Kinderbetreuung zu organisieren, meint die KV Bayerns. © kleberpicui – stock.adobe.com

Für alleinerziehende Mütter und Väter ist der Bereitschaftsdienst besonders schwer mit familiären Belangen zu vereinbaren. Insbesondere nächtliche Dienste zwingen teilweise dazu, die Aufsichtspflicht gegenüber den eigenen Kindern zu vernachlässigen, denn eine Betreuung ist kaum zu finden.

Aus diesem Grund hätte sich eine alleinerziehende Allgemeinmedizinerin mit drei Kindern gerne vom Bereitschaftsdienst in Bayern befreien lassen. Tatsächlich ermög­licht die Bereitschaftsdienstordnung der dortigen KV eine Befreiung aus „schwerwiegenden Gründen“. Doch die Situation der alleinerziehenden Mutter genügte diesem Kriterium nicht. Die KV lehnte den Antrag ab, auch eine Klage vorm Sozialgericht München blieb erfolglos. 

Ob die KV eine Ärztin vom Bereitschaftsdienst befreie, liege letztlich in ihrem eigenen Ermessen, betonte das Gericht. Die Bereitschaftsdienstordnung schließe einen schwerwiegenden Grund in der Regel aus, wenn die Fallzahl einer Ärztin – wie im gegebenen Fall – deutlich über dem Fachgruppendurchschnitt liegt. 

Hinzu komme, dass die Dienste ca. ein Jahr im Voraus feststehen, eine Wunschdienstplanung möglich ist und die Dienste grundsätzlich in die Tagesstunden gelegt werden können. Insofern habe die Klägerin ausreichend Gelegenheit, sich lange vorab eine Kinderbetreuung zu organisieren und, falls dies nicht möglich ist, die Dienste an einen Vertreter abzugeben. Sollte dies nicht möglich sein, reiche es nicht, dies zu behaupten. Stattdessen müsse die Ärztin gegenüber der KV den „qualifizierten Nachweis“ führen, dass keine Kinderbetreuungsmöglichkeiten bestanden und die Versuche, die Dienste abzugeben, fehlschlugen.

Problem aller Freiberufler, die allein erziehen

Das Gericht gestand der Klägerin zu, dass es in ihrer konkreten Situation herausfordernd sei, familiäre Pflichten mit beruflichen Belangen zu vereinbaren. Damit müssten sich aber auch andere alleinerziehende Mütter und Väter, die freiberuflich tätig sind, arrangieren. Zudem sei das öffentliche Interesse an einem funktionierenden Bereitschaftsdienst, aber auch das Interesse anderer am Bereitschaftsdienst teilnehmenden Ärzte zu beachten. „Die Klägerin hat sich bewusst für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung entschieden. Dazu gehören nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Zu Letzteren gehört auch die Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst“, schließt das Urteil.

Quelle: Urteil des SG München vom 04.05.2023; Az.: S 38 KA 392/22
 

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