Medizinischer Dienst der Kassenärzte
Das sind doch Kollegen beim MDK, oder? Und bezahlt werden sie direkt von den Krankenkassen?“, fragte mich neulich eine Famulantin, die sich über das im wahrsten Sinne ablehnende Verhalten des MDK wunderte. „Ja“, antwortete ich, „wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“ „Aha“, erwiderte die Kollegin, „da arbeiten Kolleginnen und Kollegen für die Krankenkassen und gegen ihre Kolleginnen in den Praxen und Krankenhäusern – also eine Organisation gegen Einzelkämpfer?“
Sie hatte den Finger in die Wunde gelegt. Wir Ärztinnen und Ärzte in Klinik oder Praxis beantragen etwas für unsere Patienten bzw. unterstützen einen von ihnen gestellten Antrag – sei es eine Reha, ein neues Medikament wie Cannabis, eine neue Untersuchungsmethode wie das MRT-Prostata oder die Bewertung der Pflegebedürftigkeit –, immer hat der Moloch GKV die Möglichkeit, IHREN MDK einzuschalten. Der dann (neuerdings) in der Regel erst mal ablehnt.
Was macht der Patient? Klar, er geht zu seiner Hausärztin bzw. seinem Hausarzt. Von dort bekommt er den Rat, Widerspruch einzulegen – wir selbst dürfen das nämlich nicht, ich habe schon böse Briefe von der Kasse deswegen bekommen. Den soll ich dann, so die Bitte des Patienten, zum Nulltarif begründen.
Früher war es fast die Regel, dass man vor der Ablehnung und erst recht nach Eingang des Widerspruchs von der Kollegin/dem Kollegen des MDK (da konnte man sie noch Kollegen nennen) angerufen wurde, und der Sachverhalt wurde einvernehmlich besprochen, geklärt, gelöst. Das kommt heute so gut wie nicht mehr vor. Heute erreichen uns, die Einzelkämpfer, Briefe vom MDK ohne Unterschrift in bürokratischer bis harscher Tonart mit der Bitte um Beantwortung zwei Tage nach Erhalt des Briefes.
Immer öfter kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass von Krankenkassen, der Deutschen Rentenversicherung, dem MDK et al. Aktionen gestartet werden, die uns in unserem Praxisalltag mürbe machen sollen. So habe ich jetzt einen Fall erlebt, wo das Krankenhaus für eine Patientin mit Recht eine AHB (heißt jetzt Anschluss-Reha) beantragt hat, die aufgrund eines MDK-Gutachtens abgelehnt wurde.
Gegen die Ablehnung hat die Patientin Widerspruch eingelegt, der – O-Ton Krankenkasse – „von ihrer behandelnden Hausärztin unterstützt wird“. Die Krankenkasse zitiert aus dem Gutachten des MDK – kennt es also (Datenschutz?) – und lässt den Ärzten durch den MDK gleichzeitig mitteilen: „Nach § 277 (1) SGB V kann der Leistungserbringer, über dessen Leistung der MDK eine gutachterliche Stellungnahme abgegeben hat, über das Ergebnis der Begutachtung hinaus auch die erforderlichen Angaben über den Befund erhalten. Voraussetzung ist, dass eine schriftliche Verzichtserklärung zum Widerspruchsrecht des Versicherten hierzu vorliegt. Das Formular kann auf unserer Homepage unter www.mdk-rlp.de/datenschutz heruntergeladen werden.“
In einem ähnlichen Fall teilt die Kundenberaterin einer Krankenkasse der Praxis mit, dass „der zuständige Arzt des MDK zu dem Ergebnis kommt, dass (…). Das Gutachten haben wir Ihnen in der Anlage beigefügt“.
Die Liste solcher Schikanen, Ungereimtheiten, Unwissenheiten, was auch immer, ließe sich beliebig lang fortsetzen. Denken Sie nur an die 20-seitigen REHA-Anträge, die der Patient in der Regel nicht alleine ausfüllen kann (wer hilft?) und sich damit vollständig gläsern macht, nicht nur mit heiklen medizinischen Daten. Auf welchen Schreibtischen landen diese Anträge?
„Wenn wir uns das so angucken“, meinten meine beiden Famulantinnen, „dann kommt für uns eine Niederlassung nicht infrage.“ Was ist aber dann jetzt zu tun? Meines Erachtens schaffen wir das nicht als Einzelkämpfer. Wie wäre es mit einer „Selbsthilfegruppe“? Einem Medizinischen Dienst der Kassenärzte (MDK). Könnte man dann ja auch bei der KV oder den Kammern angliedern.