Kommentar Weiterbildung braucht Förderung
Die Zahl der abgeschlossenen Weiterbildungen stieg zwar von 1998 bis 2021, der Anteil der Allgemeinmedizin sank aber von 16 % auf 13 %. Auch die Absicht, das Verhältnis Hausärzte-/Fachärzteschaft von 40:60 umzukehren, war illusorisch; 2021 stellten die Hausärzte 36 %. Es verwundert also nicht, dass der GKV-Spitzenverband in einer Analyse der Frage nachgeht, „ob all die Initiativen der letzten Jahrzehnte, der personelle Aufwand und die Fördergelder, die in die Weiterbildung geflossen sind, letztendlich wirkungslos waren?“ Zumal laut einer IGES-Studie im Jahr 2035 immer noch bundesweit etwa 11.000 Hausärzte fehlen werden.
Die Kassenseite weiß selbst, dass der Mangel an Hausärzten noch eklatanter wäre, wenn es das Förderprogramm nicht gäbe. Dessen Fortsetzung ist alternativlos. Die Weiterbildung ist ein zentraler Hebel bei der Gestaltung der Versorgung. Man muss auch Geduld haben: Z.B. wird sich der Effekt der Landarztquote für Medizinstudienplätze erst in etlichen Jahren beurteilen lassen. Zweifellos hat das Image des Hausarztberufs eine Aufwertung erlangt, die auch bei den Studierenden gut ankommt.
Dem GKV-Spitzenverband fällt auf: Obwohl Primärarztsysteme als wirtschaftlich gelten, scheint das politische Interesse daran abzunehmen; eine Patientensteuerung, wie über die Praxisgebühr, wird nicht mehr versucht. Und: In größeren Städten mit vielen Facharztpraxen sei das hausärztliche Tätigkeitspektrum eher beschränkt – was „nicht mehr so recht“ zum hohen Standard der Weiterbildung passe. In anderen Ländern sei ein Abschluss schon nach drei statt fünf Jahren möglich.
Nun dürfen sich die Kassen ruhig selbst fragen, was sie für die HzV tun. Auch die Zangenbewegung von grundversorgenden Fachärzten und neuen Dienstleistern wie Apothekern oder Pflegefachkräften ist dem Hausärzteverband ein Dorn im Auge. Die Antwort zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung inklusive der gewünschten Work-Life-Balance der angestellten und selbstständigen Mediziner liegt in einer guten Praxisteamarbeit, in der interdisziplinären Vernetzung sowie in Anreizen für die Patienten zur koordinierten Inanspruchnahme von Leistungen. Diese Idee ist wahrlich nicht neu. Zu leisten ist aber noch die konzeptionelle Umsetzung in der Fläche.
Michael Reischmann
Ressortleiter Gesundheitspolitik