Kommentar Widerspruchsregelung braucht Struktur
Knapp 8.500 Menschen stehen auf der Warteliste. Gegen den Organmangel wurde 2019 das Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes und ein Initiativplan Organspende eingeführt. 2020 scheiterte der Versuch, die Widerspruchslösung im Bundestag durchzusetzen – es gilt weiterhin die sog. Entscheidungslösung. Im März 2022 folgte das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft. Seither müssen auch Hausärzte ihre Patienten alle zwei Jahre über Organspende aufklären. Trotz alledem bewegen sich die Zahlen weiter auf beschämend niedrigem Niveau: Deutschland bleibt damit eines der Schlusslichter in Europa.
Gut, dass das Organspende-Register (mit zweijähriger Verspätung) im März angelaufen ist. Denn ohne Register kann die Widerspruchsregelung nicht wirken. Bundesgesundheitsminister Lauterbach sieht es nicht umsonst als digitale Opt-out-Lösung – als Nichtspendenregister. In das neue Online-Register haben sich bisher knapp 200.000 Menschen eingetragen. Seit Juli sollen die Entnahmekliniken gespeicherte Erklärungen im Register abrufen können. Daneben gelten weiter auch mündliche Erklärungen, auf Papier wie der Organspendeausweis oder die Patientenverfügung. Das kann sogar die Spendeerklärung auf einem Bierdeckel sein, sofern der Bürger an Datum und Unterschrift gedacht hat. Die Rechtsverbindlichkeit des Spenderegisters sollte daher, ähnlich wie beim Erben, gesetzlich verankert werden. Dies würde nicht nur den Ärzten, sondern am Ende vor allem den Angehörigen die Entscheidung erleichtern.
Schafft es die Widerspruchslösung bis Frühjahr 2025 in die finale Abstimmung und setzt sich durch, könnte das Gesetz frühestens 2027 in Kraft treten. Bis dahin sollten die politisch Verantwortlichen bei der Strukturreform richtig Gas geben. Dazu zählt auch, das Entnahmedefizit in den Krankenhäusern anzupacken, das u.a. durch strukturelle Defizite in der Spendererkennung und -meldung geprägt ist.
Die Widerspruchsregelung als administratives Regelwerk braucht dringend ein funktionierendes Register und eine Strukturreform, die auch in den Entnahmekrankenhäusern greifen kann.
Angela Monecke,
Redakteurin Gesundheitspolitik