Alternativen zur antibakteriellen Prophylaxe von Harnwegsinfekten bei Kindern

Dr. Angelika Bischoff

Damit das Kind nicht ständig unter Harnwegsinfekten leiden muss, gibt es durchaus einige prophylaktische Maßnahmen. Damit das Kind nicht ständig unter Harnwegsinfekten leiden muss, gibt es durchaus einige prophylaktische Maßnahmen. © iStock/ChristinLola

Zum Schutz vor rezidivierenden Harnwegsinfekten wird bei Kindern relativ häufig eine antibakterielle Langzeitprophylaxe eingesetzt. Doch die birgt Nebenwirkungen und die Gefahr der Resistenzentwicklung. Zwar deuten sich Alternativen an, aber die sind nicht für jeden Patienten geeignet.

Zu den wichtigsten Indikationen für eine antibakterielle Langzeitprophylaxe in der Kindernephrologie zählen heute

  • ein hohes Risiko für die Entwicklung von Parenchymdefekten oder Urosepsis. Dieses besteht z.B. bei hochgradigem vesikoureteralem Reflux und ausgeprägter ob­struktiver Uropathie (Megaureter, Urethralklappen)
  • ein hohes Risiko für Pyelonephritis-Rezidive
  • Blasenfunktionsstörungen mit rezidivierenden symptomatischen Harnwegsinfektionen (HWI)

Nitrofurantoin und Trimethoprim werden im Kindesalter als Antibiotika der ersten Wahl eingesetzt, schreibt Privatdozent Dr. Rolf Beetz­, Universitätsmedizin Mainz, in seinem Review. Prospektive Studien haben jedoch gezeigt, dass sich das Risiko rezidivierender symptomatischer HWI durch die vorsorgliche Behandlung zwar reduzieren ließ. Kam es dann aber doch zu einer Infektion, waren die Erreger bei den Patienten mit Prophylaxe häufiger resistent gegen das eingesetzte Antibiotikum. Zu einer Reduktion neu auftretender Parenchymdefekte führte die prophylaktische Therapie nicht. Ihr Nutzen muss also sorgfältig gegen das erhöhte Resis­tenzrisiko abgewogen werden.

Geht es vielleicht auch ohne Antibiotika? Während bei Erwachsenen pflanzliche Präparate, D-Mannose und Probiotika erheblich an Bedeutung gewonnen haben, fehlen entsprechende Wirksamkeitsbelege für das Kindesalter weitgehend.

Widersprüchliche Studienergebnisse gibt es für Cranberry-Präparate, welche die Adhäsion uropathogener E. coli hemmen. In einer Doppelblindstudie erwies sich Cranberry bei Kindern unter 1 Jahr gegenüber Trimethoprim als unterlegen, bei älteren Kindern als gleichwertig.

Auch D-Mannose und Mannoside hemmen die Adhäsion von E. coli am Uroepithel. Eine randomisierte Studie bei Frauen hat einen positiven Effekt auf das Auftreten von Rezidiven belegt.

Orale Vakzine wohl so wirksam wie ­Nitrofurantoin

Für Meerrettichwurzel und Kapuzinerkresse konnte in vitro gezeigt werden, dass sie die Invasion von E. coli in Uroepithelzellen hemmen und offenbar auch direkte antibakterielle Effekte haben. Bei Erwachsenen konnte mit entsprechenden Präparaten die HWI-Rezidivrate reduziert werden. Daten zu Kindern fehlen. Für das Phytotherapeutikum Canephron® N (Tausendgüldenkraut, Liebstöckel und Rosmarinblätter) gibt es eine randomisierte prospektive Studie bei Kindern, die ebenfalls einen Rückgang der Rezidivrate zeigt.

Dem Einsatz von Probiotika konnte eine Cochrane-Analyse keinen Benefit zusprechen, wenngleich einzelne Studien mit Lactobacillus acidophilus bei Patienten mit normalem Harntrakt vergleichbare protektive Effekte wie die Prophylaxe mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol bzw. einen signifikanten Vorteil gegenüber Placebo zeigen konnten.

Ab einem Alter von vier Jahren zur Prävention rezidivierender Harnwegsinfektionen ohne anatomische Anomalien zugelassen ist eine orale Vakzine (Uro-Vaxom®), ein Lysat von 18 E.coli-Stämmen. Das Präparat soll immunkompetente Zellen stimulieren und zu einem Anstieg von sekretorischem IgA im Urin führen. Eine kontrollierte Studie im Kindesalter fand einen gegenüber Nitrofurantoin gleichwertigen Effekt.

Bei Urethralklappen kann eine Zirkumzision helfen

HWI-Prophylaxe bedeutet aber nicht nur Medikamente. Nicht vergessen werden darf, prädisponierende Faktoren, z.B. Blasenfunktions- oder -kontrollstörungen sowie Obstipation so gut wie möglich zu behandeln bzw. zu beseitigen, auch unter Einschluss operativer Maßnahmen: Das Risiko für eine Pyelonephritis kann z.B. bei Jungen mit Urethralklappen durch eine Zirkumzision gesenkt werden.

Fazit: Es gibt Alternativen zu Antibiotika in der Prävention von Harnwegsinfektionen bei Kindern. Aber die Wirksamkeitsbelege stammen für dieses Alter bisher nur aus wenigen Therapiestudien mit geringen Probandenzahlen. Man kann solche Alternativen versuchen, doch bei Kindern mit hohem Rezidiv- und Pyelonephritis-Risiko geht an Antibiotika meist kein Weg vorbei.

Quelle: Beetz R. Urologe 2020; 59: 255-260; DOI: 10.1007/s00120-020-01139-3

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Damit das Kind nicht ständig unter Harnwegsinfekten leiden muss, gibt es durchaus einige prophylaktische Maßnahmen. Damit das Kind nicht ständig unter Harnwegsinfekten leiden muss, gibt es durchaus einige prophylaktische Maßnahmen. © iStock/ChristinLola