
Bei zahlreichen infektiösen Hautbefunden mit AIDS rechnen

Dermatologische AIDS-Symptome wie das Kaposi-Sarkom sind inzwischen fast eine Rarität, dasselbe lässt sich für die HIV-Infektion selbst leider nicht sagen. Mit 3000 Neuerkrankungen pro Jahr ist die Rate in Deutschland unvermindert hoch. Weshalb sich bei ungewöhnlichen Hauterscheinungen das genaue Hinsehen lohnt, da sie oft erste Warnzeichen sind.
Bei einer 57-Jährigen „mit verschiedenen Hautproblemen“ hatte man offensichtlich nicht eins und eins zusammengezählt: Die Entzündung an der Zeigefingerspitze wurde als bakterielle Infektion deklariert und vergeblich mit Antibiotika und Skalpell zu behandeln versucht. Bei der perianalen Erosion waren Bäder und Kortison erfolglos geblieben. Papeln und Vesikel an Schulter und Hüfte wiederum wurden als Morbus Danier fehldiagnostiziert und die brennenden Beläge auf der Mundschleimhaut hatte sich noch niemand richtig angeschaut, obwohl die Patientin über einen starken Gewichtsverlust durch die eingeschränkte Nahrungsaufnahme klagte.
Indikatorerkrankungen
- Infektionen mit Varizella Zoster und Herpes simplex
- Candidose insb. der Schleimhäute oral, vulvovaginal bzw. als Balanoposthitis
- orale Haarleukoplakie (Epstein-Barr-Virus)
- Follikulitiden, Abszesse, Furunkel, Karbunkel als wiederkehrende bakterielle Infektionen
- Pityrosporum-Follikulitis n Kondylome (HPV-Infektion), Mollusca contagiosa, Carcinoma in situ (plattenepitheliale, intraepitheliale Neoplasien)
Ungeschützter Sex mit vielen Gelegenheitsbekanntschaften
Ein zeitgleiches Auftreten mehrerer, ungewöhnlicher Hauterscheinungen kombiniert mit schlechtem Therapie-Ansprechen sollte immer Anlass sein, an eine erworbene Immundefizienz als Ursache zu denken, schreiben Dr. Dennis Niebel und seine Kollegen von der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Bonn, bei denen sich die Frau später notfallmäßig vorstellte. Zudem hatte die Patientin ungeschützten Geschlechtsverkehr mit mehreren Gelegenheitsbekanntschaften zugegeben. Für die Bonner ein weiterer Grund, neben Abstrichen der Hautmanifestationen auch den Immunstatus und eine HIV-Serologie zu erheben. Die Läsion am Zeigefinger konnten sie als Candida-albicans-Infektion identifizieren (chronische Paronychie), dasselbe galt für den Mund (Soorstomatitis). Ein Abstrich im Bereich der perianalen Erosionen überführte Herpes-simplex-Viren als Verursacher (Herpes simplex vegetans), die Papeln und Vesikel an Schultern und Hüfte waren Anzeichen einer früheren Infektion (H. s. multilocularis). Gegen den Candidabefall und die Herpes-Problematik verordneten die Ärzte Fluconazol-Tabletten (100 mg/d) sowie eine intravenöse Aciclovir-Behandlung über mehrere Wochen.Keine opportunistische Infektion mehr unter Therapie
Die festgestellte Lymphopenie und rund 800 000 Viruskopien im Serum bei der HIV-Serologie (Stadium CDC C3) bestätigten den Verdacht der Bonner, dass es sich um Hautmanifestationen im Rahmen einer AIDS-Erkrankung handelt. Daraufhin leiteten sie eine ambulante antiretrovirale Therapie ein. Diese wurde letztendlich auf die einmal tägliche Gabe von Bictegravir + Emtricitabin + Tenofoviralafenamid umgestellt. In den vergangenen zwei Jahren traten keine opportunistischen Infektionen mehr auf, berichten die Autoren. „Ärzte und medizinisches Personal sollten Vigilanz bewahren, da sich Patienten vor Auftreten opportunistischer Infektionen häufig schon mit Indikatorerkrankungen vorstellen“, mahnen sie. Nur so lassen sich durch einen zeitnahen Therapiebeginn Neuinfektionen eindämmen.Quelle: Niebel D et al. Akt Dermatol 2020; 46: 108-113; DOI: 10.1055/a-0973-1908
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).