Besonderheiten der Analgetikatherapie berücksichtigen

Maria Weiß

Da Demenz-Patienten sich meist nicht von selbst zu ihren Schmerzen äußern, sollte man nachfragen. (Agenturfoto) Da Demenz-Patienten sich meist nicht von selbst zu ihren Schmerzen äußern, sollte man nachfragen. (Agenturfoto) © rainbow33 – stock.adobe.com

Schmerzen sind unter dementen Menschen weit verbreitet. Allerdings äußern Betroffene ihre Beschwerden selten spontan. Hinzu kommen Adhärenzprobleme und Kontraindikationen bezüglich der Analgetika.

Wie allgemein im Alter sind Schmerzen auch bei Patienten mit Demenz meistens muskuloskelettalen Ursprungs. Solche Schmerzen zu erfassen, kann mit zunehmender Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit immer schwieriger werden, schreibt Privatdozent Dr. Matthias Schuler von der Klinik für Geriatrie, Palliativmedizin und Alterstraumatologie am Diakonissenkrankenhaus Mannheim.

Verbale Schmerzskala zur Quantifizierung

Auch bei noch erhaltener Kommunikationsfähigkeit sind einige Grundregeln zu beachten. Zwar wird der eigentlich abstrakte Begriff „Schmerz“ von den Betroffenen noch lange in seiner Bedeutung richtig verstanden. Doch äußern sie Schmerzen mit zunehmender Demenz immer seltener spontan, sodass man nachfragen muss. Dabei sollten die Fragen

  • kurz und einfach gehalten werden,
  • möglichst mit ja oder nein zu beantworten sein,
  • sich nur auf die momentane Situation beziehen (in Ruhe oder bei Aktivität) sowie
  • in der vertrauten Umgangssprache gestellt werden.

Die verbale Skala zur Schmerzquantifizierung (kein, leicht, mäßig, stark) ist erfahrungsgemäß am besten geeignet. Fragen nach Schmerzen, die sich auf die letzten Tage oder vergangenen Wochen beziehen, sollten wegen des eingeschränkten Kurzzeitgedächtnisses vermieden werden – genauso wie die schwierige Differenzierung zwischen durchschnittlicher, minimaler oder maximaler Schmerzintensität.

Bei bereits deutlich eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit gewinnt die Fremdbeobachtung durch versorgende Angehörige, geschulte Pflegekräfte, Therapeuten oder Ärzte an Bedeutung. Dabei spielen Mimik, Gestik, Körperhaltung, Vokalisationen und Verhaltensänderungen eine wichtige Rolle.

Anticholinerge Koanalgetika grundsätzlich vermeiden

Bei der medikamentösen Schmerzbehandlung stellen Multimorbidität und Polypharmazie eine große Herausforderung dar. Die generell im Alter empfohlene Regel „start slow, go slow“ mit deutlich reduzierten Anfangsdosierungen gilt auch bei Demenz. Anticholinerge Medikamente – dazu gehören zahlreiche Koanalgetika – sollten bei Menschen mit Demenz grundsätzlich vermieden werden. Besonders sorgfältig muss natürlich die Adhärenz überwacht werden, um Über- und Unterdosierungen zu verhindern. Generell ist bei Demenz mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von unerwünschten Nebenwirkungen zu rechnen. Es besteht aber auch die Chance, dass Patienten durch suffiziente Analgesie weniger Psychopharmaka benötigen, sodass hier ggf. die Dosis reduziert werden kann.

Besonders gut ist die Wirkung von Paracetamol (3 g/d) bei Demenz belegt. Das erst nach vier Wochen beobachtete Wirkmaximum auf möglicherweise schmerzbedingte Verhaltensauffälligkeiten könnte durch die gleichzeitige Wirkung auf verschiedene Transmittersysteme bedingt sein, schreibt PD Dr. Schuler.

Die Wirksamkeit von Metamizol ist bei Menschen mit Demenz nie untersucht worden. Die Anwendung nicht-steroidaler Antirheumatika verbietet sich meist schon wegen kardialer und renaler Komorbiditäten und dem erhöhten Risiko für Delir und gastrointestinale ­Blutungen.

Opioide bergen insbesondere zu Beginn der Therapie ein Risiko für Stürze, Atemdepression, Delir und Obstipation. Bei neuropathischen Schmerzen oder zusätzlichen depressiven Symptomen können Gabapentin, Pregabalin oder Duloxetin eine Option sein. Maßnahmen wie Musiktherapie, progressives Kraft- und Ausdauertraining, Wärme/Kälte, Entspannungsverfahren und Aromatherapie können die Therapie unterstützen.

Quelle: Schuler M. Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 1249-1253; DOI: 10.1055/a-1386-6896

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Da Demenz-Patienten sich meist nicht von selbst zu ihren Schmerzen äußern, sollte man nachfragen. (Agenturfoto) Da Demenz-Patienten sich meist nicht von selbst zu ihren Schmerzen äußern, sollte man nachfragen. (Agenturfoto) © rainbow33 – stock.adobe.com