
Cartoon Fortbildung
Besser Flower-Power als Antibiotika

Erwachsene erkranken zwei- bis fünfmal im Jahr an einer akuten Rhinosinusitis, Schulkinder sogar bis zu zehnmal. 90 % dieser Erkrankungen sind jedoch viral bedingt. Trotzdem werden bei solchen banalen Erkältungskrankheiten deutschlandweit alljährlich 8,5 Millionen Mal Antibiotika verschrieben, berichtete Dr. Petra Sandow, niedergelassene Allgemeinmedizinerin, Berlin. Dabei, so mahnte sie, gehören 22 % aller heutzutage verordneten Antibiotika zu den Reservemitteln, die man eigentlich nur nach gründlichem Abwägen verwenden sollte.
Akute Sinusitis ebenfalls hauptsächlich viral bedingt
Auch bei der akuten Sinusitis spielen – entgegen früherer Lehrmeinung – Bakterien kaum eine Rolle. Ähnliches gilt für die akute Tracheobronchitis, die zu 90–95 % durch Viren verursacht wird. Auch darf ein Husten nach heutiger Meinung bis zu acht Wochen andauern, ohne dass es zwingend der weiteren Diagnostik und Therapieeskalation bedarf.
Was ist evidenzbasiert, wenn es darum geht, Schnupfen, Husten und Halsschmerzen der Patienten zu lindern? Ganz oben steht die körperliche Schonung, betonte die Allgemeinmedizinerin. Die Betroffenen sollten zu Hause bleiben, was viel zu häufig nicht beachtet werde.
Zusätzlich kann man eine symptomatische Therapie starten. Bei Kopf-, Hals- und Gliederschmerzen haben nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) zwar einen geringen Nutzen, der jedoch immer gegen die Risiken abgewogen werden muss, so die Referentin. Kinder dürfen kein ASS erhalten und für alle Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen (einschließlich Hypertonie) sollten NSAR tabu sein. Paracetamol hingegen kann ggf. das Fieber senken, hilft aber auch gut gegen Schnupfen und eine verstopfte Nase. Ansonsten kann man bei infektiöser Rhinitis für maximal eine Woche lokale Alpha-Sympathomimetika einsetzen.
Zur zentralen Hemmung des Hustens werden häufig Codein oder Dextromethorphan verordnet. In der Standarddosierung seien diese Mittel aber nicht wirksamer als Placebo, betonte die Allgemeinmedizinerin. Das berge die Gefahr, dass die Kranken die Hustenstiller eigenständig aufdosieren, bis der Husten durch die Sedierung gleichsam „verschlafen“ werde.
Acetylcystein zur Sekretolyse kann man sich sparen
Das häufig als Sekretolytikum eingesetzte Acetylcystein habe so gut wie keinen Nutzen, das Geld dafür könne sich der Patient sparen, meinte Dr. Sandow. Besser belegt sei die Wirksamkeit pflanzlicher Expektoranzien wie Zubereitungen aus Pelargonium sidoides oder Myrtol, Thymian-Efeu- oder Thymian-Primelwurzel-Präparate.
Die bei akuter Bronchitis immer noch sehr häufig eingesetzten Antibiotika würden die Hustendauer im Mittel um gerade einmal einen halben Tag verkürzen, was klinisch kaum relevant sein dürfte, merkte die Kollegin an.
Eine weitere Indikation, bei der in der Allgemeinarztpraxis häufig Antibiotika verordnet werden, sind unkomplizierte Harnwegsinfektionen bei Frauen. Hierbei hat man es tatsächlich mit bakteriellen Infektionen zu tun und in den Leitlinien wird primär eine Antibiotikatherapie empfohlen. Auf jeden Fall ist diese bei einer Krankheitsdauer von mehr als drei Tagen angezeigt, ebenso bei Fieber, Schwangeren, Kindern und Menschen mit Diabetes.
In allen anderen Fällen können entzündungshemmende Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel eine pflanzliche Alternative sein, erklärte die Referentin. Entsprechende Präparate seien Untersuchungen zufolge ähnlich wirksam wie Antibiotika, was ihren Einsatz in der First-Line-Therapie bei unkomplizierter Zystitis rechtfertige. Dr. Sandow empfahl, die Phytotherapeutika auf einem grünen Rezept zu verordnen. Bei dessen Vorlage würden viele Krankenkassen ihren Versicherten das Geld erstatten.
Interesse an CME-Fortbildung mit Medical Tribune?
www.medical-tribune.de/fortbildung oder per E-Mail:
veranstaltung@medical-tribune.de
Quelle: Medical Tribune Fortbildung kompakt Allgemeinmedizin/Innere Medizin am 18.01.2020 in Berlin, unterstützt von Repha GmbH Biologische Arzneimittel
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).