Blutige Diät: Mit der Abnehmpille zur Gerinnungsstörung

Ein spontanes Hämatom am linken Unterschenkel, zwei Monate später eine atraumatische Urogenitalblutung und zuvor regelmäßiges Nasebluten. So richtig rund scheint das Gerinnungssystem der 55-jährigen, übergewichtigen Dame nicht zu laufen. Martina Bank und Privatdozent Dr. Stefan Weiler von der Klinik für Klinische Pharmakologie und Toxikologie des Universitätsspitals Zürich nahmen deshalb die Laborwerte unter die Lupe:
- INR-Wert > 5
- Quickwert < 7 %
- aktivierte partielle Thromboplastinzeit von 122 s
- deutliche verminderte Vitamin-K-abhängige Gerinnungsfaktoren
- normale nicht-Vitamin-K-abhängige Faktoren
Für die Kollegen stand fest: All das deutet auf einen akuten Vitamin-K-Mangel. Woher aber kam er? Die Antwort fanden sie schließlich auf der Medikamentenliste der Patientin. Ein paar Monate zuvor hatte die Frau einen Abnehmversuch mit 120 mg Orlistat gestartet, einem lang wirksamen Hemmstoff der Pankreaslipase. In der Fachinformation des Präparats wird auf eine mögliche Beeinträchtigung der Resorption fettlöslicher Vitamine hingewiesen, was sich auch in klinischen Studien bestätigte. Auch gibt es die Empfehlung, bei gleichzeitiger Antikoagulanzientherapie die INR-Werte zu überwachen.
Die Autoren sprechen noch eine weitere unerwünschte Wirkung der Abnehmpille an. Orlistat kann die Resorption vor allem lipophiler Arzneimittel stören, bspw. die des Immunsuppressivums Ciclosporin. Nehmen Patienten gleichzeitig orale Antikoagulanzien, sollten die behandelnden Ärzte außerdem die Quickwerte im Auge behalten.
Tatsächlich normalisierten sich bei der 55-Jährigen nach Absetzen des Präparats und notfallmäßiger Vitamin-K-Gabe die Gerinnungswerte rasch. Angesichts eines Hämoglobins von 81 g/l verabreichten die Kollegen zwei Erythrozyten- sowie vier Frischplasmakonzentrate. Um eine geeignete Ernährung zu gewährleisten, dürfen Betroffene bei Obst- und Gemüse ordentlich zulangen, schreiben die Kollegen.
Auch ein ergänzendes Multivitaminsupplement können sie erwägen. Die Einnahme sollte allerdings mindestens zwei Stunden nach Orlistat erfolgen, z.B. kurz vor dem Schlafengehen. Um weitere unerwünschte Wechselwirkungen mit lipophilen Substanzen zu umgehen, empfiehlt sich ebenfalls eine zeitlich getrennte Einnahme.
Quelle: Bank M, Weiler S. Swiss Med Forum 2018; 18: 479-481
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