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COPD: Unzureichendes Management der Dyspnoe führt zum Missbrauch der Palliativtherapie

Die medikamentöse Behandlung der fortgeschrittenen COPD ist ausgereizt und trotzdem leidet der Patient unter einer schweren Dyspnoe. In diesem Fall bleibt oft nur die Gabe von (retardierten) Opioiden, um die Atemarbeit zu reduzieren bzw. effektiver zu machen und die subjektive Qual des Kranken zu vermindern. Episodisch auftretende Verschlechterungen, die maximal für 20 Minuten anhalten, lassen sich zusätzlich mit Fentanyl-Nasenspray abfangen, da es bereits innerhalb von 1–4 Minuten wirkt.
Solch eine Behandlungsstrategie erfordert eine regelmäßige Kontrolle, mahnen Dr. Daisy J. A. Janssen und ihre Kollegen vom Fachzentrum CIRO im niederländischen Horn. Doch wie die Kasuistik einer 59-Jährigen mit terminaler COPD zeigt, ist diese offenbar nicht immer gewährleistet.
Ins CIRO überwiesen wurde die Patientin, nachdem sie wegen einer Exazerbation ihrer COPD stationär behandelt worden war. Sie erhält eine Therapie mit Fentanyl-Nasenspray, hieß es im Entlassungsbrief. Dieses Opioid bekam sie allerdings schon seit drei Jahren. In einer stationären pulmonalen Reha hatte man sie auf retardiertes Morphin (10 mg oral, zweimal täglich) eingestellt und ihr für akute Luftnotattacken Fentanyl-Nasenspray (50 µg) gegeben. Maximal viermal am Tag sollte sie zum Spray greifen. Die weitere Verordnung der Medikamente hatten anschließend sowohl der Pneumologe als auch der Hausarzt der Patientin übernommen.
Patientin rutschte in den Opioidentzug
Den Ärzten des CIRO berichtete die 59-Jährige, täglich zehn Dosen des Fentanyl-Sprays zu applizieren, aber keine weiteren Opioide zu verwenden. Die Ärzte verschrieben ihr daraufhin ein Fentanyl-Pflaster (12 µg/h), das sie alle drei Tage erneuern sollte und statt des Fentanyl-Sprays Morphinlösung (5 mg) bei Bedarf, maximal sechsmal am Tag.
Doch schon nach der ersten Bedarfsdosis wechselte die Patientin zurück auf ihr Fentanyl, das sie innerhalb weniger Stunden zehnmal benutzte. Als man ihr den Wunsch nach Spray-Nachschub nicht erfüllte, entwickelte sie Angstzustände, Unruhe, verstärktes Schwitzen und Schüttelfrost. Nun räumte sie in einem Gespräch ein, dass sie bislang täglich mindestens 40 Dosen Fentanyl inhaliert hatte.
Daraufhin erhöhte das Behandlungsteam die Dosis des Fentanyl-Pflasters auf 50 µg/h. Außerdem erhielt die Patientin zusätzlich sechsmal pro Tag Morphin 2,5 mg subkutan. Gleichzeitig begann ein psychologisches Unterstützungsprogramm, in dem die Kranke lernte, wie sie mit ihrer Atemnot und der damit verbundenen Angst umgehen konnte.
Eine Woche nach dem Erstkontakt im CIRO hatten sich die Entzugssymptome zurückgebildet und die Patientin arbeitete hochmotiviert an ihrer Therapie mit. Die Dosis des Fentanyl-Pflasters wurde langsam bis auf Null reduziert. Auf ihren eigenen Wunsch hin erhielt die Frau das Morphin weiterhin subkutan statt oral. Damit kam sie mehrere Monate lang gut zurecht, bis sie letztlich in einer Klinik verstarb.
Ohne engmaschige Kontrolle geht es nicht
Aus diesem Verlauf nahm das Team einige wichtige Lektionen mit, schreibt Dr. Janssen:
- Im Gegensatz zur bisherigen Auffassung können Patienten Fentanyl-Nasenspray, das im Rahmen der palliativen Therapie für akute Atemnotanfälle verordnet wird, durchaus im Übermaß verwenden.
- Patienten, die bei schwerer chronischer Atemnot Fentanyl oder andere Opioide erhalten, müssen engmaschig nachbetreut werden. Nur so kann man einschätzen, ob die Therapie adäquat wirkt.
- Diese Betreuung sollte über die rein medikamentöse Behandlung hinausgehen und im interdisziplinären Team erfolgen. Damit lässt sich auch bei insgesamt schlechter Prognose eine zufriedenstellende Lebensqualität der Kranken erreichen.
Quelle: Janssen DJA et al. Breathe 2019; 15: e122-e125; DOI: 10.1183/20734735.0183-2019
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