Der will doch nur spielen - Rasches Handeln entscheidet bei Bisswunden oft über Leben und Tod
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Von 100 Bissverletzungen durch Haustiere sind 80 bis 90 durch Hunde verursacht und fünf bis 15 durch Katzen, schreiben Professor Dr. Werner Handrick vom Institut für Medizinische Diagnostik, Frankfurt/Oder, und Kollegen. Meist handelt es sich bei dem Übeltäter um den Familienhund oder um ein Tier aus dem Bekanntenkreis des Opfers. Bissverletzungen finden sich bei älteren Kindern und Erwachsenen meist an den Händen oder Armen, bei kleineren Kindern überwiegend an Gesicht, Kopf oder Hals.
Das Gebiss des Hundes hinterlässt dabei Kratzer, Quetschwunden, Ablederungen oder Lazerationen mit Substanzdefekten. Zu den möglichen Komplikationen zählen Verletzungen von Nerven, Gefäßen, Sehnen und Gelenken und sogar Knochenbrüche.
Katzenbisse sind zwar nicht so häufig wie Hundebisse, sie zeichnen sich aber durch tiefe, punktionsartige Wunden aus, bedingt durch die spitzen Eckzähne des Tieres. In diesen engen Wundkanälen gedeihen anaerobe Bakterien optimal. Die Mehrzahl der Katzen trägt Pasteurella multocida in der Mundhöhle, daher gilt dieser Keim bei Bissen als wichtigster Infektionserreger.
Generell stammen bei Bissverletzungen die meisten Erreger aus der Mundflora des tierischen Täters oder es handelt sich um Bakterien aus der Hautflora des Bissopfers. Bei den meisten infizierten Bisswunden liegen Mischinfektionen vor, wobei die Autoren zwei Erreger besonders hervorheben: Der fakultativ anaerobe Keim P. multocida findet sich am häufigsten bei Katzen- und Hundebissen, während Infektionen mit Capnocytophaga canimorsus zwar rar, aber oft tödlich sind.
Bei der klinischen Untersuchung der Wunde ist auf die klassischen Entzündungszeichen sowie auf (eitrige) Sekretionen, regionale Lymphknotenschwellungen und Funktionseinschränkungen der verletzten Gliedmaße zu achten. Stellt sich der Patient erst spät beim Arzt vor, liegen u.U. bereits Komplikationen wie Tenosynovitis, Osteomyelitis, septische Arthritis, ein Abszess oder sogar eine Sepsis vor.
Impfstatus von Mensch und Tier erfragen
Bisswunden erfordern ein multidisziplinäres Vorgehen (Chirurg, Infektiologe, evtl. Handchirurg, plastischer Chirurg und Intensivmediziner), betonen die Autoren. In extremen Fällen entscheidet rasches Handeln über Leben oder Tod des Patienten. Aus medizinischen und juristischen Gründen muss die Anamnese immer die genauen Umstände der Beißattacke, den Impfstatus von Mensch und Tier sowie Risikofaktoren des Opfers wie Grunderkrankungen (z.B. Asplenie, Leberzirrhose) oder immunsuppressive Behandlung erfassen. Nach genauer Inspektion der Wunde entfernt der behandelnde Arzt in Lokalanästhesie eventuelle Fremdkörper, spült die Wunde mit Kochsalzlösung, trägt nekrotisches Gewebe ab und legt bei Bedarf eine Drainage. Röntgenaufnahmen müssen erfolgen, wenn ein Knochenbruch oder Fremdkörper vermutet werden.
Wann die Wunde primär verschlossen werden darf und wann nicht, wird teils kontrovers diskutiert. Zunächst offen bleiben sollten tiefe Punktionswunden, infizierte Wunden und solche, die erst nach zwölf oder mehr Stunden dem Arzt gezeigt werden. Patienten, die eine Bissverletzung mit Gewebedefekt erlitten haben, benötigen im weiteren Verlauf gegebenenfalls eine Transplantation oder andere rekonstruktive Maßnahmen. An Labortests empfehlen die Autoren CRP (bzw. Procalcitonin) und Blutbild mit Thrombozyten. Für bakteriologische Untersuchungen eignen sich intraoperativ entnommene Gewebeproben besser als Abstriche.
Antibiotika nur bei erhöhtem Infektionsrisiko
Antibiotika sollten nicht routinemäßig verordnet werden. Patienten mit erhöhtem Infektionsrisiko benötigen aber eine Antibiotikatherapie – zum Beispiel bei tiefen Punktionsbissen, bei Wunden an den Händen, im Gesicht, an den Genitalien oder in der Nähe von Gelenken. Auch Patienten mit Gelenkimplantat, Asplenie oder Immunsuppression sollten antibiotisch behandelt werden. Die meisten Experten empfehlen Amoxicillin-Clavulansäure über drei bis fünf Tage.
Auch Menschen beißen zu
Quelle Text und Abb.: Handrick W et al. internistische praxis 2017; 58: 65-74, © Mediengruppe Oberfanken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
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