Bisswunden von Katze, Hund und Mensch – ein medizinischer Notfall

Dr. Elke Ruchalla

Ohne antibiotische Therapie können sich Katzenbisswunden fies infizieren. Ohne antibiotische Therapie können sich Katzenbisswunden fies infizieren. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.

Kinder wollen Tiere anfassen. Schneller als die Eltern schauen können, hat das vermeintlich süße Schmusekätzchen in die Hand gebissen. Auch wenn die Wunde von außen betrachtet minimal scheint: Es handelt sich um einen medizinischen Notfall.

Beißt eine Katze richtig zu, sieht das zunächst nur aus wie zwei kleine Läsionen, die nicht einmal bluten. Laien gehen daher fälschlicherweise oft davon aus, dass diese weniger schlimm sind und von alleine schnell wieder heilen. Doch die Mundhöhle von Katzen ist nicht nur ein Paradies für Bakterien wie beispielsweise Pasteurella multocida. Wenn aus der kleinen, aber tiefen Punktionswunde kaum Blut fließt, werden Erreger und Verschmutzungen auch nicht herausgespül­t.

Abklären, ob ein Tollwut-Risiko besteht

Katzenbisse gelten als medizinischer Notfall, erklären Dr. Reto Fuhrer von der Universitätsklinik für Plastische und Handchirurgie am Inselspital in Bern und seine Kollegen. Ohne Behandlung treten bei der Hälfte der gebissenen Patienten teils schwere Infektionen auf. Hundebisse sehen dagegen meist dramatischer aus, sodass man gar nicht auf die Idee käme, erst einmal abzuwarten. Abklären, ob bei dem Täter ein Tollwut-Risiko besteht, muss man bei jedem Tierbiss.

Nur ein Depp nutzt Antisept

Bisswunden auf keinen Fall mit Octenisept® (Octenidindihydrochlorid plus Phenoxyethanol) spülen, warnt übrigens auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft. Behandelt man damit tiefe Wunden, kann es zu schweren, auch ausgedehnteren Gewebs­nekrosen kommen.

bit.ly/Octenisept

Stellen Sie bei der Untersuchung Hinweise auf Nerven-, Sehnen -, Gelenk- und/oder Muskelverletzungen fest, sollten Sie den Patienten sofort an einen spezialisierten Handchirurgen oder in ein Zentrum mit handchirurgischer Abteilung überweisen. Wenn die Verletzung im anatomischen Verlauf eines Nerven liegt, ist auch bei normaler Zwei-Punkt-Diskrimination eine Nervenverletzung letztlich nicht auszuschließen – umso genauer müssen Sie bei der Exploration der Wunde hinschauen. Gegebenenfalls sollte die Wunde geröntgt werden, zum Beispiel wenn der Verdacht besteht, dass der Angreifer Gelenke oder Knochen lädiert hat oder möglicherweise Zahnbruchstücke in der Wunde zurückgeblieben sind. Außerdem raten die Schweizer Kollegen dazu, Bisse chirurgisch zu exzidieren. Entnommene Gewebeproben können zur Erregerbestimmung (mit Antibiogramm) verwendet werden. Dann spülen Sie die Wunde sorgfältig und ohne Druck mit steriler Flüssigkeit. Liegt die Drainage, kann man die Wunde adaptierend verschließen. Benachbarte Gelenke werden für wenige Tage immobilisiert. Trotz noch so guter Wundversorgung verschreiben die Kollegen aus der Schweiz den Gebissenen zusätzlich Antibiotika (siehe Tabelle). Die Angaben gelten für Katzen-, Hunde- und Menschenbisse. Kommt es dennoch zu Infektzeichen, steht auch in diesem Fall die Überweisung zum Spezialisten für ein ggf. erneutes Débridement an. Eventuell kann die Einweisung ins Krankenhaus für eine intravenöse Antibiotikatherapie nötig werden.
Antibiotika bei Bissverletzungen
Medikament(e) 
Dosis
Dauer
Amoxicillin plus Clavulansäure (Kombipräparat)875/125 mg dreimal pro Tag fünf Tage, wenn keine Infektzeichen auftreten, sonst je nach Klinik

bei gesicherter(!) Penicillinallergie:
  1. Ciprofloxacin plus
  2. Clindamycin
  1.  500 mg zweimal pro Tag
  2. 600 mg dreimal pro Tag

Quelle: Fuhrer R et al. Ther Umschau 2020; 77: 199-206; DOI: 10.1024/0040-5930/a001177

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Ohne antibiotische Therapie können sich Katzenbisswunden fies infizieren. Ohne antibiotische Therapie können sich Katzenbisswunden fies infizieren. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.