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Diät gegen Kopfschmerzen

Die idiopathische intrakranielle Hypertension (IIH) – früher auch als Pseudotumor cerebri bezeichnet – betrifft zu 90 % Frauen im gebärfähigen Alter. Mit der weltweiten Zunahme der Adipositas ist auch die Inzidenz der IIH deutlich angestiegen, schreibt Dr. Max Witry von der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Bonn.
Hauptsymptom sind lagerungsabhängige, dumpf drückende Kopfschmerzen. Sie treten oft täglich auf und sind typischerweise bilateral und fronto-retroorbital lokalisiert. Bei körperlicher Belastung und Erhöhung des intraabdominellen Drucks z.B. beim Husten, Niesen und Pressen nimmt der Schmerz zu und kann dann von Übelkeit und Erbrechen begleitet sein. Die höchste Schmerzintensität wird meist morgens erreicht.
Lumbalpunktion und MRT sollen DD ausschließen
Häufig berichten die Betroffenen von begleitenden Sehstörungen wie verschwommenes Sehen, Doppelbilder, Flimmern oder Lichtblitze. In Einzelfällen kann es zu Hirnnervenausfällen z.B. in Form einer Abduzensparese kommen. Typische Begleiterkrankungen sind Depressionen, Angst- und Schlafstörungen, oft kombiniert mit Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. All dies kann die Motivation für eine Gewichtsabnahme erheblich reduzieren, was nicht selten in einen Teufelskreis mündet.
Um wichtige Differenzialdiagnosen auszuschließen, gehören neben der sorgfältigen klinischen Untersuchung immer eine Lumbalpunktion und eine zerebrale Bildgebung zur Diagnostik. Bei der neurologischen Untersuchung lassen sich Anzeichen für einen erhöhten intrakraniellen Druck wie Stauungspapillen finden. Die MRT vom Kopf dient v.a. zum Ausschluss anderer Ursachen wie Tumoren oder Sinusvenenthrombosen. In der Bildgebung sieht man bei der IHH typischerweise eine Empty-Sella-Syndrom, erweiterte Optikusscheiden, eine Schlängelung des N. opticus und Sinusstenosen. Entscheidend für die Diagnose ist die Lumbalpunktion mit Nachweis eines intrakraniellen Drucks > 25 cmH2O. In der Zusammenschau aller Befunde kann dann die Diagnose gestellt werden (siehe Kasten).
Diagnosekriterien für eine IIH
- Anzeichen und Symptome eines erhöhten intrakraniellen Drucks (insbesondere Stauungspapille)
- kein fokal-neurologisches Defizit (bis auf Abduzensparese und Gesichtsfelddefekte)
- Patient wach, orientiert und reagibel
- unauffällige Bildgebung des Gehirns (insbesondere keine Raumforderung und keine Sinusthrombose)
- erhöhter intrakranieller Druck (> 25 cmH2O) bei unauffälliger Liquordiagnostik
- Ausschluss von Differenzialdiagnosen (Hirntumor, Meningitis, Hypophysenadenom, medikamenteninduzierter intrakranieller Druckanstieg beispielsweise durch Tetrazykline, Fluoroquinolone, Isotretinoide oder Vitamin-A-Derivate)
Die vermutlich multifaktorielle Pathogenese der IIH ist noch nicht vollständig geklärt. Am wahrscheinlichsten sind ein erhöhtes Blut- und Hirnvolumen oder auch eine verminderte Liquorresorption bei venösen Abflussstörungen. Auch neuroendokrine Faktoren wie Leptin, 11ß-Hydroxysteroid-Dehydrogenase (HSD) oder GLP1 werden zurzeit intensiv beforscht und könnten ein Link zur Adipositas sein. Ebenfalls eine Rolle scheinen Östrogene zu spielen. Die Vermutung, dass orale Kontrazeptiva oder eine Schwangerschaft die IIH begünstigen, hat sich jedoch als falsch herausgestellt.
Therapeutisch steht die Gewichtsreduktion an erster Stelle. Reicht eine Diät zur Symptomlinderung nicht aus, kann eine medikamentöse Therapie erforderlich sein. Mittel der ersten Wahl ist nach wie vor Acetazolamid, das die Liquorsekretion im Plexus choroideus vermindert und zu signifikanten Verbesserungen von Gesichtsfeld, Papillenödem, Liquordruck und Lebensqualität führt.
Bei relevanten Sehstörungen muss zur Verhinderung einer irreversiblen Erblindung rasch gehandelt werden – in Form einer notfallmäßigen Lumbalpunktion zur Druckentlastung. In einigen Fällen kann auch das Anlegen eines ventrikuloperitonealen Shunts oder eine Opticusscheiden-Fensterung erforderlich sein. Bei starker Adipositas ist ggf. auch eine bariatrische Operation sinnvoll.
GLP1-Agonisten können bei der Gewichtsabnahme helfen
Viel Hoffnung wird in die GLP1-Rezeptoragonisten gesetzt. Sie helfen nicht nur bei der Gewichtsabnahme, sondern können über eine Verringerung der Natriumrückresorption und Förderung der Diurese auch den Liquorabfluss verbessern. In ersten Studien wurde eine stärkere Absenkung des Hirndrucks als unter der herkömmlichen Therapie gezeigt.
Quelle: Witry M, Wüllner U. DNP – Neurologie und Psychiatrie 2024; 25: 36-40; DOI: 10.1007/s15202-023-6150-2
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