Die Reduktion von Rheumamedikamenten ist möglich

DGIM 2021 Dr. Sonja Kempinski

Wenn es um die Deeskalation von Rheumamedikamenten geht, sind die Schulung und Aufklärung des Patienten unerlässlich. Wenn es um die Deeskalation von Rheumamedikamenten geht, sind die Schulung und Aufklärung des Patienten unerlässlich. © iStock/wildpixel

Ob Nebenwirkungen oder Patientenwunsch: Bei einer antirheumatischen Therapie steht immer wieder die Frage nach Dosisreduktion und Absetzen der Medikamente im Raum. Was sagen die Leitlinien dazu und wie handhabt man das Ganze in der Praxis?

Es gibt gute Gründe, die für das Beenden der medikamentösen Therapie bei rheumatoider Arth­ritis (RA) sprechen. Sie reichen von manifesten klinischen Nebenwirkungen über Laborauffälligkeiten bis hin zum Patientenwunsch, erklärte Privatdozent Dr. ­Christof ­Iking-Konert, III. Medizinische Klinik am Universitätsklinikum Hamburg-­Eppendorf. Manchmal treten sogar die Privaten Krankenkassen aus Kostengründen an ihre Versicherten heran und fragen, ob sich die Medikation nicht ändern oder reduzieren lässt, wusste der Rheumatologe zu berichten. Ganz gleich, welche Argumente auf dem Tisch liegen: Bei einer Dosisreduktion der antirheumatischen Therapie droht immer der Verlust der Krankheitskontrolle, betonte der Experte. 

Trotzdem wünschen gut eingestellte RA-Patienten gar nicht so selten, die Arzneimittel zu reduzieren oder abzusetzen. Diesem Thema müssen sich Ärzte stellen, unterstrich Dr. ­Iking-Konert und verdeutlichte, dass eine Deeskalation unter Beachtung der Grundsätze durchaus möglich ist. Prinzipiell gilt: Abruptes Absetzen ist in jedem Fall riskant. Besser ist, die Dosis zu verringern und die Applikationsintervalle auszudehnen.

Auch die S2e-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) nimmt sich dieses Themas an. Ihr zufolge sollen Glukokortikoide bei jedem Patienten mit rheumatoider Arthritis ausgeschlichen werden, sofern dies klinisch vertretbar ist. Bei anhaltender Remission (DAS* < 2,6) ohne Glukokortikoid-Verordnung kann zudem eine Deeskalation der Basistherapie erwogen werden.

In dieser Sache allerdings gehen die Ansichten der Experten sowohl in Bezug auf die Dauer der Remission – sechs Monate, zwölf Monate oder gar zwei Jahre? – als auch betreffend der Glukokortikoide auseinander, berichtete Dr. ­Iking-Konert. Seiner Meinung nach müsse das Kortison nicht komplett heruntergefahren werden, eine Dosis von 2–3 mg täglich sei durchaus akzeptabel.

Die Leitlinie lässt offen, wie es nach dem Absetzen der Glukokortikoide weitergehen soll, d.h. ob bei einer Kombinationstherapie erst das synthetische oder erst das bio­logische ­DMARD** abzusetzen ist. Erfahrungsgemäß wollen die Patienten bei der Kombination von Biologikum und Methotrexat meist lieber das Methotrexat loswerden, so Dr. ­Iking-Konert. Das liegt seiner Einschätzung nach daran, dass die Substanz bei den Betroffenen als Zytostatikum oder Gift einen eher schlechten Ruf hat. Außerdem bringe bei der RA-Behandlung meist erst das Biologikum den Durchbruch, weshalb dem Methotrexat eher wenig Wirksamkeit zugetraut werde. Dass es letztendlich die Kombination aus biologischem und chemisch-synthetischem Wirkstoff ist, die zum Erfolg führt, sei vielen Rheumapatienten nicht bewusst.

Zu beachten ist, dass Dosisänderungen oft nicht zugelassen sind (s. ­Tabelle). On ­label ist die Reduktion bei ­Leflunomid und Methotrexat, ebenso bei ­Etanercept. Verlängert man die Intervalle bei ­Adalimumab, ­Tocilizumab oder ­Rituximab, begibt man sich jedoch in den Off-Label-Bereich, so der Referent. Das Verringern der Tagesdosis bei den zielgerichtet wirkenden synthetischen ­DMARD (­tsDMARD) wie ­Bariticinib oder ­Tofacitinib ist zulassungsgemäß nur bei hohem Alter bzw. Nebenwirkungen wie Nieren- oder Leberinsuffizienz vorgesehen. 

Dosisänderungen sind häufig off label
StandarddosisReduktionsmöglichkeitzulassungskonform?
Methotrexat15–20 mg/wum 2,5 mg/w reduzieren oder von s.c. auf p.o. wechselnja
Leflunomid20 mg/w15–10 mgja
Adalimumab40 mg alle zwei WochenIntervall streckennein
Etanercept50 mg/wauf 25 mg/w halbierenja
Infliximab3–10 mg/kgKGDosis reduzieren oder Intervall verlängernteilweise
Tocilizumab8 mg/kgKG alle vier Wochenauf 4 mg/kgKG verringern oder Intervalle verlängernnein
Rituximabzweimal 1000 mg alle sechs Monateauf Einmalgabe bzw. 500 mg reduzieren oder Intervall streckennein
Baricitinib4 mg/d2 mg/dvorgesehen nur bei Nieren­insuffizienz oder hohem Alter
Tofacitinib11 mg/d zweimal 5 mg/d5 mg/dvorgesehen nur bei Nebenwirkungen wie Leberinsuffizienz
Details sind in den jeweiligen Fachinformationen zu finden.

Patienten unbedingt über die Risiken aufklären!

Rechtlich könnte es problematisch werden, wenn ein off ­label untertherapierter Patient ein Rezidiv entwickelt. Es ist daher unabdingbar, den Kranken vor der Dosisreduktion gründlich über das Vorgehen und die Risiken aufzuklären und die Entscheidung mit ihm gemeinsam zu treffen.  Um Schübe zu vermeiden, muss der Betroffene geschult werden und wissen, welche Symptome zu erwarten sind und wann er seinen Arzt aufzusuchen hat. Kontrolltermine sollten im Voraus ausgemacht werden, mit regelmäßigen Blutkontrollen lassen sich subklinische Veränderungen der Erkrankung beizeiten erkennen.  Für eine mögliche Symptomverschlechterung muss der Patient einen Medikamentenplan in die Hand bekommen (z.B. ­Prednison ­15–10–5 mg für jeweils drei Tage). Kommt es zum Schub, reicht meist die ursprüngliche Dosis des ­DMARD aus, um die Erkrankung wieder unter Kontrolle zu bringen.

* disease activity score
** disease-modifying anti-rheumatic drug

Kongressbericht: 127. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (Online-Veranstaltung)

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Wenn es um die Deeskalation von Rheumamedikamenten geht, sind die Schulung und Aufklärung des Patienten unerlässlich. Wenn es um die Deeskalation von Rheumamedikamenten geht, sind die Schulung und Aufklärung des Patienten unerlässlich. © iStock/wildpixel