Eine Lanze für die Spiroergometrie

Manuela Arand

Eine Spiroergometrie sollte zukünftig zum Standard gehören, um das Mortalitätsrisiko zu ermitteln. Eine Spiroergometrie sollte zukünftig zum Standard gehören, um das Mortalitätsrisiko zu ermitteln. © wikimedia/Cosmed (CC BY-SA 3.0)

Das Sterberisiko eines COPD-Patienten nur anhand von Symptomen und Exazerbationshistorie beurteilen zu wollen, greift womöglich zu kurz. Ein Arzt plädiert dafür, auch die Ergebnisse der Spiroergometrie zu berücksichtigen. 

Die Vierfeldertafel von GOLD steht in der Kritik, seit sie zum ersten Mal veröffentlicht wurde. Geschaffen um Therapieentscheidungen zu leiten, finden viele Ärzte sie zu simplizistisch, sie werde dem heterogenen Spektrum der COPD-Phänotypen nicht gerecht, so die Kritik. Eine Gruppe um ­Alvar ­Agusti, Universität Barcelona, hat vor einigen Jahren versucht, das Dilemma durch Einführen von behandelbaren Merkmalen (Treatable Traits) aufzulösen. Die Resonanz fiel gemischt aus: Einige Ärzte fanden Gefallen daran, sich in der Therapie stärker von individuellen Charakteristika leiten zu lassen als von definierten Krankheitsbildern. Die Mehrzahl fürchtete aber Auflösung und Beliebigkeit. 

Patienten mit erhöhtem Sterberisiko identifizieren 

Das ABCD-Schema von GOLD hat sich inzwischen in der Praxis etabliert, aber es reduziert das heterogene Patientenkollektiv auf die zwei Merkmale Symptomatik und Exazerbationshistorie, kritisierte Dr. Andreas Mühle, Pneumologisches Facharztzentrum Teuchern. Außerdem werde das Risiko für den Patienten auf seine Exazerbationswahrscheinlichkeit in der Zukunft reduziert. Dabei gehe es letztlich doch darum, diejenigen mit erhöhtem Sterberisiko rechtzeitig herauszufischen, um sie konsequent und risikoadaptiert zu therapieren. 

„Natürlich sind Dyspnoe und Exazerbationen valide Prädiktoren für Mortalität“, räumte der Arzt ein. Das Sterberisiko steigt v. a. bei hoher Symptomlast deutlich an und fällt in den Gruppen B (wenig oder keine Exazerbationen) und D (häufige Exazerbationen) besonders hoch aus. 

Aber es gibt auch innerhalb dieser Gruppen beträchtliche Unterschiede zwischen den Patienten. Dies führt zu der Frage, welche weiteren Merkmale sich heranziehen lassen, um den Einzelnen besser einzuschätzen. 

Die FEV1 hilft ein bisschen weiter. Wesentlich besser schneidet aber die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2peak) in der kardiopulmonalen Belastungsuntersuchung ab, „also letztlich die Nettoleistung des Gesamtsystems Atmung von Lunge bis Mitochondrium“, erklärte Dr. Mühle. Dies konnte er zusammen mit Kollegen in einer multizentrischen Kohortenstudie zeigen. Darin wurden Daten von 312 COPD-Patienten, die sich zu Beginn einer Spiroergometrie unterzogen hatten, retrospektiv über einen Verlauf von zehn Jahren ausgewertet. 

Mortalitätsrisiko steigt bei VO2peak von 55 % unter Soll

Als optimalen Cut-off, um Patienten mit erhöhter Fünfjahresmortalität mit hoher Sensitivität und Spezifität zu identifizieren, ermittelten die Untersucher eine VO2peak von 14,6 ml/kg/min oder 55 % vom Soll.

Patienten mit guter kardiorespiratorischer Leistungsfähigkeit haben offenbar eine gute Prognose – unabhängig davon, ob sie selten oder häufig exazerbieren. Dr. Mühle schlägt deshalb vor, das GOLD-Schema um weitere Parameter zu ergänzen, allen voran die Spiroergometrie. Daneben sollten Zeichen der systemischen Inflammation, der respiratorischen Insuffizienz und der Frailty, also der allgemeinen Gebrechlichkeit, in die individuelle Beurteilung einfließen. 

Dr. Mühle lässt seit zehn Jahren jeden COPD-Patienten bei Diagnose eine Spiroergometrie machen, um ihn atemfunktionell zu phänotypisieren. „Das sagt uns, welches Problem der Patient hat – das können wir anhand der FEV1 niemals herausfinden.“ Die Ergebnisse fließen in Verlaufsbeobachtung und Trainingsplan ein. Hausärzte, die nicht selbst Spiroergometrie machen wollen oder können, sollten die Patienten zum Pneumologen schicken.

Quelle: 62. Kongress der DGP*

* Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin

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Eine Spiroergometrie sollte zukünftig zum Standard gehören, um das Mortalitätsrisiko zu ermitteln. Eine Spiroergometrie sollte zukünftig zum Standard gehören, um das Mortalitätsrisiko zu ermitteln. © wikimedia/Cosmed (CC BY-SA 3.0)