Erektile Dysfunktion: PDE-5-Hemmer kommt erst an dritter Stelle

Dr. Dorothea Ranft

Lebensstiländerung steht bei erektiler Dysfunktion ganz oben - Die Partnerin mitberaten! Lebensstiländerung steht bei erektiler Dysfunktion ganz oben - Die Partnerin mitberaten! © iStock/simonkr

Bei einem Patienten mit erektiler Dysfunktion ist Fingerspitzengefühl gefragt. Statt gleich den Rezeptblock zu zücken, sollte man den Betroffenen erst mal sorgfältig beraten – am besten gleich mit Partnerin. Nur so gelingt eine individualisierte Therapie mit hoher Erfolgsrate.

Definitionsgemäß besteht eine erektile Dysfunktion (ED), wenn ein Patient länger als sechs Monate keine ausreichende Erektion aufbauen oder erhalten kann, um befriedigenden Geschlechtsverkehr zu haben. In den meisten ED-Fällen wird heute eine organische Ursache angenommen, schreibt Dr. Christian Leiber vom Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Urologie. Aber natürlich spielen auch psychische Faktoren eine wichtige Rolle. Nicht alle Männer mit ED wünschen eine Therapie, aber die meisten sind dankbar, wenn sie ihr Arzt auf sexuelle Funktionsstörungen anspricht, so die Erfahrung des Urologen.

Die Basis der ED-Diagnostik bildet eine detaillierte Anamnese. Sie sollte typische Begleiterkrankungen (Diabetes, Hypertonie, Parkinson etc.) ebenso erfassen wie Operationen und Bestrahlungen im Unterbauch oder Genitalbereich.

Herz, Gefäße und Blut untersuchen

Zahlreiche Medikamente können die erektile Funktion ebenfalls verschlechtern, insbesondere nicht-kardioselektive Betablocker, Thiaziddiuretika, trizyklische Antidepressiva und Benzodiazepine. Das Ausmaß der kardiologischen Abklärung richtet sich nach dem Risiko des Patienten (s. Kasten). Entscheidende Bedeutung hat die sexualmedizinische Anamnese, in die möglichst die Partnerin mit einbezogen werden sollte (Dauer der ED, situative Aspekte etc.).

Wie viel Herz-Diagnostik?

  • Niedriges Risiko (Herzinsuffizienz NYHA I): keine weitere Abklärung
  • Intermediäres Risiko (z.B. Herzinsuffizienz NYHA II): kardiologische Basisabklärung (EKG, Belastungs-EKG, Herz-Echo) erforderlich
  • Hohes Risiko (z.B. instabile A. pectoris, Belastungsdyspnoe, kürzlich erlittener Infarkt, NYHA III bzw. IV): umfangreiche kardiologische Abklärung (ggf. mit Herzkatheter) und Therapie zwingend notwendig

Die gründliche klinisch-urologische Untersuchung ist bei Patienten mit Erektionsstörungen obligat. Im Vordergrund steht dabei das äußere Genitale (Penisdeformation, Hodengröße, Phimose etc.), und selbstverständlich muss man auf entzündliche Veränderungen (z.B. Balanitis, Geschlechtskrankheiten) und Zeichen eines Testosteronmangels achten.

Außerdem empfiehlt Dr. Leiber eine orientierende kardiovaskuläre Untersuchung, die die Palpation der Femoralispulse, eine Auskultation des Herzens sowie eine Puls- und Blutdruckmessung umfasst. Labordiagnostisch sollten Nüchternblutzucker bzw. HbA1c, Blutfette und Gesamttestosteron gemessen werden.

Nach den Erwartungen des Patienten erkundigen

Therapeutisch empfiehlt die aktuelle Leitlinie der EAU (European Association of Urology) ein dreistufiges Vorgehen. Primär steht im Vordergrund, behandelbare Ursachen der ED zu therapieren und ungünstige Lebensstilfaktoren zu modifizieren (Stufe 1). Schon körperliche Bewegung und Gewichtsreduktion bessern die erektile Funktion oft erheblich, ebenso der Verzicht auf Nikotin und übermäßigen Alkoholgenuss. Mit optimaler Einstellung von Hochdruck und Diabetes lässt sich die Manifestation einer ED erheblich verzögern. Hilfreich kann in diesem Stadium auch eine gemeinsame Beratung von Patient und Partnerin sein.

Auf Stufe 2 gilt es genauer zu erfassen, welche Erwartungen der Patient an eine Behandlung der erektilen Dysfunktion hat. Die Entscheidung über die Methode trifft der Arzt am besten gemeinsam mit dem Patienten. Eine begleitende psychosoziale Therapie beschleunigt das Ansprechen auf Medikamente zum Teil erheblich.

Vorsicht, Fälschung!

PDE-5-Inhibitoren gehören weltweit zu den am häufigsten gefälschten Medikamenten. Patienten sollten wissen, dass die Bestellung im Internet riskant ist.

Die Pharmakotherapie startet auf Stufe 3, selektive PDE-5-Hemmer stellen die Mittel der Wahl dar. Die hierzulande zugelassenen vier Vertreter (Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil, Avanafil) unterscheiden sich vor allem in der Wirkdauer. Zu den typischen Nebenwirkungen gehören Kopfschmerzen, Flush, Sodbrennen, verstopfte Nase und Schwindel. Kontraindiziert sind die Substanzen z.B. bei gleichzeitiger Einnahme von Nitraten und NO-Donatoren. Nach Myokardinfarkt und Schlaganfall sollte eine Rekonvaleszenz von drei bis sechs Monaten eingehalten werden. Vor dem Therapiestart muss der Patient kardial ausreichend belastbar und neurologisch stabil sein.

Nicht-Ansprechen liegt erst nach acht Versuchen vor

Einer mangelnden Wirkung des PDE-5-Hemmers liegt oft eine unzureichende Information des Patienten zugrunde, schreibt Dr. Leiber. Ein Nicht-Ansprechen darf man erst attestieren, wenn eine mehr als achtmalige Gabe bis zur Höchstdosis nicht zum Erfolg geführt hat. Als Grund kommt dann z.B. ein Hypogonadismus infrage, eine Testosteronsubstitution kann die Ansprechrate erhöhen.

Wenn Patienten auf die orale Behandlung unzureichend ansprechen oder Kontraindikationen aufweisen, bieten die Schwellkörper-Autoinjektionstherapie (SKAT), Vakuumpumpe und intraurethrale Applikation von Prostaglandin E1 Alternativen. Als Therapie der 3. Wahl dient die operative Behandlung mit einem Penisimplantat. 

Quelle: Leiber C. Urologe 2017; 56: 519-527

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