Viel hilft nicht immer viel

ASCO 2023 Friederike Klein

In der SWOG-1011-Studie soll geprüft werden, ob eine umfangreichere Lymphadenektomie auch zu einer besseren Prognose führt. In der SWOG-1011-Studie soll geprüft werden, ob eine umfangreichere Lymphadenektomie auch zu einer besseren Prognose führt. © Andrii Yalanskyi – stock.adobe.com

Die erweiterte Lymphadenektomie bringt Patient:innen mit muskelinvasivem Urothelkarzinom gegenüber dem Standardvorgehen keinen Vorteil. Weder das krankheitsfreie Überleben noch das OS unterschieden sich in der SWOG-1011-Studie signifikant. Die erweiterte Strategie ging darüber hinaus mit einer erhöhten 30- und 90-Tages-Mortalität einher.

Die En-bloc-Resektion der pelvinen Lymphknoten im Zuge der Zystektomie hat die lokale Kontrolle des muskelinvasiven Urothelkarzinoms (MIUC) verbessert und ist für einige Patient:innen auch kurativ. Mit einer umfangreicheren Lymphadenektomie lassen sich noch mehr befallene Lymphknoten finden. Ob das auch zu einer besseren Prognose führt, prüften Forschende in der randomisiert-kontrollierten Studie 1011 der amerikanischen Studiengruppe SWOG. 

Wie Prof. Dr. ­Seth P. ­Lerner vom Baylor College of Medicine in Houston erläuterte, wurden Personen mit MIUC eingeschlossen, wenn sich in der intraoperativen Exploration herausstellte, dass sich die Erkrankung auf das Becken beschränkte. Alle Teilnehmenden unterzogen sich einer bilateralen pelvinen Lymphadenektomie (PLND), die standardmäßig Nodi lymphatici iliaci interni und Nodi lymphatici obturatorii umfasst. Alle Patient:innen des experimentellen Arms wurden noch weiter bis mindestens zur Aortenbifurkation lymphadenektomiert (erweiterte Lymphadenektomie, ELND). Betroffene mit einem MIUC pT3-4 N0 und pTxN+ erhielten anschießend eine adjuvante Chemotherapie. Primärer Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben (DFS). 315 Erkrankte waren zur Standard-PLND und 303 zur ELND randomisiert worden. 57 % hatten zuvor bereits eine neoadjuvante, meist cisplatinbasierte Chemotherapie erhalten. 

Chirurgische RCTs – eine Herausforderung!

Die Durchführung der Studie SWOG 1011 setzte einen hohen Aufwand für die teilnehmenden Ärzt:innen und Zentren voraus. Alle Chirurg:innen mussten ein akkreditiertes Training durchlaufen und mindestens 50 Blasenresektionen in den vergangenen drei Jahren vorgenommen haben. Die Studienzentren mussten eine Mindestmenge von mindestens 30 OPs dieser Art pro Jahr vorweisen. Vor Beginn der Studie wurden chirurgische und pathologische Dokumentationen von fünf kürzlich durchgeführten Blasenresektionen mit Lymphadenektomie und dabei aufgenommenen Fotos oder Videos extern geprüft. Letztlich nahmen 36 derart auf Herz und Nieren geprüfte Chirurg:innen aus den USA und Kanada teil. Im Laufe der Studie war zudem noch die Behandlung von 50 Patient:innen in jedem Arm einer externen Qualitätskontrolle unterzogen worden, um das Durchhalten der chirurgischen Strategie in der jeweiligen Studiengruppe auch wirklich zu gewährleisten. 

Kein Vorteil

Median wurden mit PLND 24 Lymphknoten entfernt, mit ELND 39. Ein nodalpositives Ergebnis wiesen 24 % vs. 26 % auf. In der Gruppe der nodalpositiven Patient:innen hatten die Chirurg:innen im Median mit PLND einen befallenen Lymphknoten (maximal 16) und mit ELND im Median zwei befallene Lymphknoten (maximal 35) entfernt. Der geschätzte Blutverlust war mit der ELND höher als mit der PLND (median 700 ml vs. 600 ml).
In der finalen Analyse mit einer medianen Beobachtungsdauer von 6,1 Jahren in beiden Armen fand sich kein Unterscheid im DFS (HR für ELND vs. PLND 1,10; 95%-KI 0,87–1,42; p = 0,4). Die geschätzte Fünf-Jahres-DFS-Rate betrug nach ELND vs. PLND 55 % vs. 58 %. Auch hinsichtlich des OS unterschieden sich die beiden Gruppen nicht, mit Fünf-Jahres-Raten von 59 % vs. 63 % (HR 1,15; 95%-KI 0,89–1,48; p = 0,29). Postoperativ ging die ELND gegenüber der PLND mit einer höheren 30-Tage-Mortalität (2,7 % vs. 0,3 %) und 90-Tage-Mortalität (6,5 % vs. 2,4 %) einher.

Die Autor:innen der deutschen LEA-Studie kamen zu einem ähnlich negativen Ergebnis bezüglich der ELND bei Zystektomie wegen eines Blasenkarzinoms. Daher muss die bilaterale PLND für Patient:innen mit Urothelkarzinom im Stadium cT2-4a N0-2 als der chirurgische Standard gelten, erklärte Prof. ­Lerner.

Quelle:
Lerner, SP et al. 2023 ASCO Annual Meeting, Abstract #4508

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In der SWOG-1011-Studie soll geprüft werden, ob eine umfangreichere Lymphadenektomie auch zu einer besseren Prognose führt. In der SWOG-1011-Studie soll geprüft werden, ob eine umfangreichere Lymphadenektomie auch zu einer besseren Prognose führt. © Andrii Yalanskyi – stock.adobe.com