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Erste Hilfe für wackelnde Diabetiker-Zähne

Die fälschlicherweise oft als „Parodontose“ bezeichnete lokale, meist schmerzfreie Zahnbettentzündung entsteht durch einen bakteriellen Biofilm am Zahnfleischrand. Proinflammatorische Botenstoffe führen zu einem röntgenologisch nachweisbaren Abbau des Alveolarknochens, wodurch sich der Zahnhalteapparat lockert. Unbehandelt droht der Verlust des Zahnes, schreiben Professor Dr. Jörg Meyle und sein Kollege von der Polyklinik für Parodontologie des Zentrums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Gießen. Die betroffenen Patienten klagen über Mundgeruch, Schwellungen und Blutungen des Zahnfleisches.
Schon lange wird ein Zusammenhang zwischen Diabetes mellitus und Parodontitis vermutet. Neueste Forschungsergebnisse belegen, dass Diabetiker eine andere bakterielle Zusammensetzung des Biofilms aufweisen als Stoffwechselgesunde. Zudem verläuft die gingivale Gewebedestruktion unter hyperglykämischen Bedingungen schneller und verursacht stärkere Beschwerden. Umgekehrt unterhält die Parodontitis offenbar die diabetische Stoffwechsellage: Die kontinuierlich freigesetzten lokalen Entzündungsmediatoren treten in den Systemkreislauf über, verstärken die Insulinresistenz und begünstigen das Fortschreiten der Erkrankung.
Entfernung des Biofilms reicht bei schweren Formen nicht aus
Am Anfang jeder Behandlung, so die beiden Autoren, steht die systematische zahnärztliche Untersuchung. Allein durch die mechanische Entfernung des supra- und subgingivalen Biofilms lässt sich in vielen Fällen ein Abheilen der Entzündung erreichen. Bei schweren Verlaufsformen wandern jedoch Bakterien in das Zahnfleisch ein. Diese werden durch die lokale mechanische Reinigung nicht beseitigt, eine systemische Antibiotikagabe ist erforderlich.
Bleiben alle konservativen Maßnahmen erfolglos, sind chirurgische Eingriffe indiziert, um die Wurzeloberflächen unter Sicht zu reinigen oder Zahnfleischtaschen zu resezieren. Nach der Behandlung müssen die Patienten regelmäßig auf Rezidive bzw. eine Krankheitsprogression untersucht werden. Risikofaktoren, die den Therapieerfolg gefährden, sind Adipositas und Rauchen. Auch die Blutzuckereinstellung hat Einfluss auf die Prognose, wie Studien belegen: Bei einem HbA1c-Wert < 7 % lassen sich bessere Therapieergebnisse erzielen als bei höheren Werten. Umgekehrt kann durch eine sorgfältige zahnärztliche Lokaltherapie der HbA1c-Wert um 0,5 % abgesenkt werden.
Therapiestrategie muss Zucker und Zahn umfassen
Zahnbettentzündungen und Diabetes scheinen sich über proinflammatorische Synergismen wechselseitig zu beeinflussen, fassen die Autoren zusammen. Eine erfolgreiche Behandlung ist nur möglich, wenn die Therapiestrategie beide Komponenten berücksichtigt.
Quelle Text und Abb.: Meyle J, Herrmann JM. internistische praxis 2017; 58: 406-416 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
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