Exzision der aktinischen Cheilitis führt seltener zu Rezidiven

Dr. Daniela Erhard

Auch auf die aktinische Keratose kann ein Plattenepithelkarzinom folgen. Auch auf die aktinische Keratose kann ein Plattenepithelkarzinom folgen. © Science Photo Library/ JOSE CALVO

Eine chronische aktinische Cheilitis gilt wie andere aktinische Keratosen als Vorstufe eines Plattenepithelkarzinoms. Exzision und Ablation sind langfristig am besten. Nicht-invasive Therapien haben trotzdem ihren Platz.

Will man eine aktinische Cheilitis an der Lippe entfernen, bevor sie zum Krebs entartet, erscheint eine schonende Behandlung mit Cremes oder photodynamischer Therapie (PDT) aus optischen Gründen besonders attraktiv. Dennoch schneiden operative Verfahren im wahrsten Sinne des Wortes besser ab. Das zeigt ein Vergleich von 18 internationalen Studien mit insgesamt 411 Patienten.

Wie Megan Trager vom Department of Dermatology des Columbia University Irving Medical Centers und Kollegen feststellten, führten vor allem die Verwendung von Di­clofenac-Gel und Laserbehandlungen zu guten kosmetischen Ergebnissen. Auch die Vermilionektomie wurde diesbezüglich in den untersuchten Studien mehrheitlich mit gut oder besser bewertet, wobei eine W-Plastik gegenüber der herkömmlichen Variante offenbar seltener zu Narbenretraktionen führte.

Nach Exzision traten allerdings deutlich weniger Rezidive auf: Im Anschluss an die Vermilionektomie kam es in keiner Studie zu neuen Läsionen. Ebenso in vier von fünf Arbeiten, in denen die Keratose per Laser abgetragen worden war – die fünfte kam auf eine Rezidivrate von 13 %. Mit Diclofenac (3 %) oder topischem 5-Fluoruracil kehrte das Problem dagegen bei einem Drittel bzw. der Hälfte der Probanden zurück.

Keine Therapie verläuft völlig ohne Nebenwirkungen

Unterschiedlich fielen die Einschätzungen zur PDT aus. So schwankte der Anteil der sehr guten kosmetischen Resultate zwischen 80 und 33 %, gleichzeitig erkrankten bis zu sechs von zehn Patienten erneut. Gute Resultate erzielte allerdings z.B. die laserunterstützte PDT (erneute Läsion in 8 % der Fälle). Am häufigsten waren Rezidive nach chemischem Peeling: Hier trat die aktinische Cheilitis bei 70 % der Teilnehmer wieder auf.

Keine Behandlung ging gänzlich ohne Nebenwirkungen vonstatten. Allerdings bildeten sich in den meisten Fällen Probleme wie Schwierigkeiten beim Essen, Schwellungen, Rötungen, Verkrustungen, Spannungen oder Missempfindungen innerhalb von zwei Wochen zurück. Nur nach Operationen bestanden die beiden letztgenannten Störungen auch ein Jahr später noch bei mehr als einem Drittel der Behandelten.

Unterm Strich lassen sich Läsionen also am besten und nachhaltigsten chirurgisch entfernen. Es kommt offenbar nur selten zu Rezidiven, und die Nebenwirkungen sind vertretbar. Andere Behandlungen sind dagegen je nach Methode unterschiedlich effektiv, mit Rezidivraten von bis zu 70 %. Und noch etwas spricht für Exzision bzw. Ablation: Anders als bei Cremes und Gelen besteht nicht die Gefahr, dass die Patienten mit der Anwendung schludern oder diese unterbrechen. 

Neues Topikum bei aktinischen Keratosen

PORTLAND. In den Startlöchern steht derzeit der Wirkstoff Tirbanibulin. Er hemmt die Polymerisierung von Mikrotubuli sowie die Src-Kinase, es folgen Zellzyklusarrest und Apoptose. Zwei identisch aufgebaute Phase-3-Studien mit je 351 Patienten testeten Wirksamkeit und Verträglichkeit von Tirbanibulin als 1%ige Salbe. Je die Hälfte der Teilnehmer mit Läsionen im Kopf- und Gesichtsbereich wendete die Medikation auf einem 25 cm2-großen Areal mit 4–8 Läsionen an, die andere Hälfte bekam nur die Trägersubstanz. Gecremt wurde täglich an fünf aufeinanderfolgenden Tagen. In Studie 1 erreichten 44 % der Patienten mit Tirbanibulin nach 57 Tagen eine vollständige Reduktion der Läsionen. Der Anteil innerhalb der Placebogruppe lag bei 5 %. In Studie 2 waren es 54 % im Vergleich zu 13 %. Auch eine partielle Wirksamkeit, definiert als mindestens 75%ige Reduktion, war unter Tirbanibulin deutlich häufiger als unter Placebo. Die Rezidivrate nach einem Jahr wird insgesamt auf etwa 47 % geschätzt. Als häufigste Lokalreaktionen traten milde bis moderate Rötungen und Schuppungen bei 91 % bzw. 82 % der Patienten auf. Zudem kam es bei 10 % bzw. 9 % der Behandelten zu Schmerzen im Applikationsareal und Pruritus. Alle Reaktionen bildeten sich spontan zurück. Zu schweren Nebeneffekten, wie bei vielen Topika gegen die aktinische Keratose üblich, kam es nur vereinzelt. Vermutlich aufgrund der kurzen Behandlungsdauer, heißt es in der Studie. Die Hälfte der Studienteilnehmer war zuvor bereits an Hautkrebs erkrankt gewesen. Während des Studienzeitraums entwickelten weniger als 2 % ein Plattenepithelkarzinom, wobei die Lokalisation bei einem Patienten in der Tirbanibulingruppe innerhalb des behandelten Areals lag. Vergleichsstudien mit anderen Topika und Follow-up-Untersuchungen müssen nun folgen, um die Effektivität der Therapie besser beurteilen zu können. Die FDA hat den Wirkstoff bereits zugelassen; in Europa ist der Zulassungsantrag eingereicht.

Autor: Dr. Anne Benckendorff

Quelle: Blauvelt A et al. N Engl J Med 2021; 384: 512-520; DOI: 10.1056/NEJMoa2024040

Ganz abschreiben wollen die Autoren die nicht-invasiven Optionen trotzdem nicht. Während bei Hochrisikopatienten das komplette Entfernen der Läsion Vorrang habe, könnte man bei jüngeren Patienten mit eher niedrigem Entartungsrisiko ggf. auch topisch vorgehen. Risiken und Nutzen sollte man daher bei der Entscheidung gut abwägen.

Quelle: Trager MH et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2020; DOI: 10.1111/jdv.16995

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Auch auf die aktinische Keratose kann ein Plattenepithelkarzinom folgen. Auch auf die aktinische Keratose kann ein Plattenepithelkarzinom folgen. © Science Photo Library/ JOSE CALVO
Typisch AK: Hyperkeratose und Lymphozyteninfiltrate in der oberen Dermis. Typisch AK: Hyperkeratose und Lymphozyteninfiltrate in der oberen Dermis. © Science Photo Library/JOSE CALVO