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Früher Lungenkrebs: Wer braucht Platin und wer nicht?

Die mRNA-Expression der molekularen Marker ERCC1* und TS** hilft nicht bei der Entscheidung, Patienten mit frühem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) zu identifizieren, die sich für eine adjuvante platinbasierte Chemotherapie eignen. Das belegen die Ergebnisse der Phase-3-Studie ITACA, die Professor Dr. Silvia Novello von der Turiner Universität im Namen der ITACA-Studiengruppe vorstellte. Mehrere Publikationen postulierten eine Assoziation zwischen hohen mRNA-Spiegeln von ERCC1 im Tumor und einer Resistenz gegenüber Cisplatin, Carboplatin und Oxaliplatin. Eine niedrige TS-Expression schien bei Adenokarzinomen der Lunge mit einer besseren Wirksamkeit von Cisplatin/Pemetrexed assoziiert zu sein.
Ergebnis im Prüfarm nur tendenziell besser
In der ITACA-Studie analysierten die Wissenschaftler mittels quantitativer Reverse-Transkriptase-Poly- merase-Kettenreaktion beide potenziell prädiktiven Biomarker. Darauf abgestimmt erhielten die Patienten im Prüfarm eine adjuvante Chemo-Monotherapie oder in der Kontrolle eine Cisplatin-Dublette nach Wahl des Prüfarztes (s. Tabelle).
Biomarkergestützte Therapie in der ITACA-Studie | |||
---|---|---|---|
ERCC1 | hoch | TS-hoch | Paclitaxel Monotherapie vs. Cisplatin-Dublette* nach Wahl des Prüfarztes |
TS-niedrig | Pemetrexed Monotherapie vs. Cisplatin-Dublette* | ||
niedrig | TS-hoch | Cisplatin-Gemcitabin vs. Cisplatin-Dublette* | |
TS-niedrig | Cisplatin-Pemetrexed vs. Cisplatin-Dublette* | ||
* Platindublette mit Vinorelbin (36 %), Gemcitabin (46 %), Docetaxel (7 %), Pembrolizumab (2 %) und anderen nicht spezifizierten Substanzen |
An der Studie nahmen 773 Patienten aus Italien, Deutschland und aus einem Zentrum in Polen teil mit einem komplett resezierten (R0) NSCLC des Stadiums II bis IIIA. Bei allen mussten die mediastinalen Lymphknoten komplett entfernt oder biopsiert worden sein. Den primären Endpunkt bildete das Gesamtüberleben (OS). Die Studiengruppe nahm im Kontrollarm eine Fünf-Jahres-OS-Rate von 45 % an, im experimentellen Arm von 57 %.
Tatsächlich erreichte die Rate nach einem im Median 28,2 monatigen Follow-up in der Kontrolle 83,5 % und im Prüfarm 96,4 %. Die Hazard Ratio (HR) betrug zwar 0,76 zugunsten der biomarkerbasierten Monotherapie, aber das Konfidenzintervall überschritt die 1 und der Unterschied war nicht signifikant (95%-KI 0,55–1,04; p = 0,091). Eine Subgruppenanalyse zeigte auch keine Unterschiede zwischen den genomischen Subgruppen. Jedoch gab die Expertin zu bedenken, dass die statistische Power bei der geringen Zahl von Ereignissen für diese Auswertung viel zu gering ausfiel. Beim rezidivfreien Überleben ergab sich mit Fünf-Jahres-Raten von 41,5 % in der Kontrolle vs. 64,4 % in der experimentellen Gruppe ebenfalls kein signifikanter Unterschied (HR 0,94; 0,74–1,20; p = 0,615).
Das Risiko für eine Toxizität des Grades 3/4 fiel bei biomarkergesteuerter Therapie immerhin signifikant geringer aus (Odds Ratio 0,57; 95%-KI 00,42–0,78; p < 0,001). Die maßgeschneiderte Therapie sei also bei mindestens vergleichbarer Wirksamkeit weniger toxisch, berichtete Prof. Novello.
„Suche nach Biomarkern muss weitergehen“
Die Frage nach Biomarkern für oder gegen eine adjuvante Therapie ist damit nicht zufriedenstellend beantwortet, kommentierte Professor Dr. Shinichi Toyooka, Universität Okayama, in der Diskussion. Die Suche nach Prädiktoren für Patienten mit einem NSCLC Stadium II-IIIA, die nach R0-Resektion noch Mikrometastasen und damit ein hohes Rezidivrisiko aufweisen, müsse deshalb weitergehen.
* Excision Repair Cross Complementation 1
** Thymidylatsynthase
Quelle: Novello S. IASLC 2020 World Conference on Lung Cancer (virtual); Abstract PS01.04
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