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Gefrierschnitt soll zweite Biopsie ersparen

Um die Verdachtsdiagnose Riesenzellarteriitis (RZA) histologisch zu sichern, gibt es zwei Strategien. Bei der einen Variante entnimmt man zunächst unilateral ein Temporalarterienbiopsat, das auf dem üblichen Weg im Paraffinschnitt beurteilt wird, schreiben Dr. Devon Cohen vom Department of Neurology, Mayo Clinic College of Medicine & Science in Rochester, und Kollegen. Bis das Ergebnis vorliegt, erhält der Patient eine immunsuppressive Therapie.
Ergibt sich nach ein bis zwei Tagen ein negatives Ergebnis, wird eine Temporalarterienbiopsie (TAB) der anderen Seite notwendig. Zeigt sich erneut kein Anhaltspunkt für eine RZA, wurde der Patient im Intervall unnötigerweise immunsuppressiv behandelt. Die zweite Strategie ist die gleichzeitige bilaterale TAB. Auch sie birgt einen Nachteil: Bei positiver Probe einer Seite war der Eingriff auf der anderen überflüssig.
Bei positivem Gefrierschnitt keine Zweitbiopsie
In der Mayo Clinic hilft der Gefrierschnitt aus diesem Dilemma. Dieser ermöglicht eine erste Einschätzung bereits kurz nach der Probenentnahme. Man biopsiert zunächst nur eine Temporalarterie. Ist der in wenigen Minuten beurteilte Gefrierschnitt (Färbung z.B. mit Toluidinblau) positiv, bleibt es bei der unilateralen Biopsie. Ist er negativ, folgt die Untersuchung der kontralateralen Arterie direkt im Anschluss. In beiden Fällen wird auf die standardgemäße histologische Untersuchung mit den üblichen permanenten Schnitten in Paraffineinbettung und HE- bzw. van-Gieson-Färbungen, um die Diagnose definitiv zu sichern, natürlich nicht verzichtet.
Schnellschnitt bisher umstritten
Bisher ist das Schnellschnittverfahren zum Nachweis der RZA allerdings aufgrund der hohen Rate an falsch-negativen Ergebnisse umstritten. Größere Studien dazu gibt es nicht. Deshalb haben die Wissenschaftler untersucht, wie es tatsächlich mit Spezifität und Sensitivität des Gefrierschnitts für die RZA-Diagnose aussieht.
In der Auswertung mit 795 Patienten (insgesamt 1162 TAB) ergab das Paraffinpräparat für 119 Patienten ein positives Resultat. Von diesen 119 wiesen 103 (86,6 %) auch im Gefrierschnitt ein positives Ergebnis auf. Bei vier Patienten war es falsch-positiv, bei 20 falsch-negativ. Daraus berechneten die Wissenschaftler für das Gefrierschnittverfahren eine Spezifität von 99,4 % und eine Sensitivität von 83,2 %. Positiver und negativer Vorhersagewert lagen bei 96,1 % bzw. 96,6 %.
Auch die Diskordanzrate bilateraler Biopsien wurde geprüft. Sie unterschied sich nicht: Bei geplanter bilateraler Biopsie in einer Sitzung (60 Patienten) betrug die Diskordanzrate 5 %, bei bilateraler Biopsie aufgrund eines negativen Gefrierschnitts 5,5 %.
Die Ergebnisse legen nahe, dass der erfahrene Chirurg bei einem positiven Gefrierschnitt ruhigen Gewissens vorerst auf die zweite Biopsie verzichten kann – die definitive Diagnose erfolgt allerdings weiterhin über das Standardverfahren. Die RZA mit einem negativen Gefrierschnitt auszuschließen ist nicht möglich, betonen die Wissenschaftler. Dennoch könne man einigen Patienten eine unnötige simultane TAB bzw. den zweiten Biopsietermin ersparen. Fällt der Gefrierschnitt positiv und das Paraffinpräparat negativ aus, wird aber auch in der Mayo Clinic der Patient für eine zweite Biopsie einbestellt.
Die niedrige Diskordanzrate von 5–5,5 % untermauert die Theorie, dass eine simultane bilaterale TAB für die Diagnose der RZA selten erforderlich ist, kommentiert Dr. Patricia Chévez-Barrios vom Houston Methodist Hospital. Ob der schnellere Gefrierschnitt jedoch in allen Fällen die richtige Wahl ist, bezweifelt die Pathologin. Nur wenige Kliniken haben diesbezüglich eine ähnlich gute Infrastruktur und Expertise wie die Mayo Clinic. Doch auch in den Häusern, wo dies nicht der Fall sei, könnten Patienten mithilfe der klinischen Kriterien und einer Standardbiopsie rechtzeitig diagnostiziert und behandelt werden – Sensitivität und Spezifität der ACR-Kriterien liegen auch ohne Histo bei 93,5 % bzw. 91,2 %.
Würde sich ein Kliniker bei der Entscheidung, den Hochrisikopatienten sofort mit Glukokortikoiden zu versorgen, wirklich vom Ergebnis des Gefrierschnitts beeinflussen lassen? Wahrscheinlich nicht, resümiert die Pathologin. Vielmehr unterstütze eine im Paraffinpräparat nachgewiesene aktive oder abheilende RZA die Entscheidung, mit Glukokortikoiden oder Immunmodulatoren weiter zu behandeln, vor allem bei alten oder Patienten mit Begleiterkrankungen.
Quellen:
1. Cohen DA et al. JAMA Ophthalmol 2021; DOI: 10.1001/jamaophthalmol.2020.6896
2. Chévez-Barrios P. JAMA Ophthalmol 2021; DOI: 10.1001/jamaophthalmol.2020.6895
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