Augenlicht retten bei Riesenzellarteriitis

Dr. Dorothea Ranft

Das Symptombild der Riesenzellarteriitis wird oft durch Kopfschmerzen und eine Hypersensibilität der Kopfhaut dominiert. Das Symptombild der Riesenzellarteriitis wird oft durch Kopfschmerzen und eine Hypersensibilität der Kopfhaut dominiert. © iStock/waewkid

Alter Patient, plötzlicher Visusverlust, Kauschmerzen, hypersensible Kopfhaut: Bei einer solchen Konstellation ist unbedingt an die Riesenzellarteriitis als Verursacher zu denken. Damit das Augenlicht nicht dauerhaft verloren geht, sind die rasche Abklärung und eine hoch dosierte Steroidtherapie erforderlich.

Die Riesenzellarteriitis (RZA) ist eine typische Erkrankung der zweiten Lebenshälfte – Altersgipfel zwischen dem 70. und 80. Lebensjahr. Die vermutlich autoimmun getriggerte Vaskulitis ist eng mit der Polymyalgia rheumatica verbunden: Knapp die Hälfte der RZA-Patienten weist auch Polymyalgie-Symptome auf.

Unspezifische Allgemeinsymptome wie Müdigkeit, Fieber, Schmerzen in der Nackenmuskulatur und Gewichtsverlust können erste Zeichen einer RZA sein, die meist subakut, seltener auch fulminant beginnt. Das Symptombild wird oft durch Kopfschmerzen und eine Hypersensibilität der Kopfhaut dominiert. Bis zu 50 % der Patienten leiden an Kauschmerzen aufgrund einer Claudicatio masseterica, schreibt Professor Dr. Matthias Hoke, Universitätsklinik für Innere Medizin II, Medizinische Universität Wien.

Schläfenarterie bleibt mitunter ausgespart

Eine gefährliche Komplikation der RZA ist der zunächst meist monokulare und transiente Visusverlust. Ohne rasche Therapie geht das Sehvermögen dauerhaft verloren. Auslöser ist in 80 % der Fälle eine anteriore ischämische Optikusneuropathie (AION), in 10 % ein Verschluss der A. centralis retinae.

Als Synonym der RZA gilt zwar die Arteriitis temporalis, aber Aortenbogen und supraaortale Äste können ebenso betroffen sein und die Schläfenarterie bleibt mitunter sogar ausgespart. Bei einem Befall der A. subclavia (Blutdruckdifferenz) droht eine Claudicatio der oberen Extremität.

Auch die Labordiagnostik kann auf die RZA hinweisen, in der Akut-phase ist die BSG meistens massiv erhöht (> 100 mm in der ersten Stunde), die CRP ebenfalls, aber nicht im gleichen Ausmaß. Doch Vorsicht: Bei Rezidiven können BSG und CRP nur marginal erhöht sein. Gleiches gilt bei subklinischen Verläufen.

Ein essenzieller Bestandteil der RZA-Diagnostik ist inzwischen die Duplexsonographie. Im Bereich der A. temporalis findet sich typischerweise ein Halo Sign, ein zirkumferenter echoarmer Saum um das Gefäßlumen. Dieser kann auch in anderen Gefäßregionen beob­achtet werden. Der Stellenwert der Biopsie hingegen ist angesichts der verbesserten Bildgebung inzwischen umstritten.

Therapeutisch sollten Glukokortikoide frühzeitig bzw. schon bei Verdacht auf eine RZA verabreicht werden. Für Patienten ohne akute Komplikationen, insbesondere Visusverlust, genügt eine orale Therapie. Die optimale Dosierung liegt bei 1 mg/kg KG Prednison-Äquivalent – einmal täglich, die Aufteilung auf zwei Dosen erzielt keine Vorteile. Bei Verdacht auf AION bzw. Visusverlust wird eine intravenöse Therapie mit 1000 mg Prednison-Äquivalent täglich über drei Tage empfohlen – mit anschließender Umstellung auf eine orale Behandlung.

Die initiale Hochdosistherapie wird über mindestens zwei Wochen fortgesetzt, wobei sich die Symptome meist bereits in den ersten Tagen deutlich zurückbilden. Nach zwei bis vier Wochen kann bei klinischer Besserung mit einer Dosisreduktion begonnen werden – zunächst in 14-Tages-Intervallen um jeweils 10 mg Prednison-Äquivalent. Ab einer Tagesdosis von 40 mg kann die Dosis alle ein bis zwei Wochen um 10 % reduziert werden, schreibt Prof. Hoke. Ab 10 mg täglich sollte sie nur um 1 mg alle zwei Wochen verringert werden. Sobald die Cushing-Schwelle (7,5 mg) unterschritten ist, kann man auf 5 mg täglich zurückgehen.

Wichtig ist, dass die Medikation nicht früh reduziert oder abgesetzt wird. Die Mindesttherapiedauer liegt bei 9–12 Monaten, manche Patienten brauchen eine niedrige Erhaltungsdosis als Rezidivprophylaxe.

Und wie steht es mit Alternativen zum Steroid? Methotrexat wird bei RZA zwar nicht routinemäßig eingesetzt, es hilft aber bei starken Nebenwirkungen Steroide einzusparen. Ein kortikoidsparender Effekt wurde auch für den IL-6-Antagonisten Tocilizumab gezeigt. Für eine fundierte Einschätzung dieser potenziellen neuen Therapieoption fehlen aber noch Langzeitdaten. TNF-alpha-Blocker konnten bei der RZA bisher nicht überzeugen.

Durch ASS die zerebrale Ischämiegefahr reduzieren

An weiteren Therapiemöglichkeiten wird die Einnahme von ASS (1 x täglich 100 mg) empfohlen. Der Thrombozytenfunktionshemmer senkt bei RZA-Patienten nachweislich die Zahl der zerebral-ischämischen Ereignisse. Sinnvoll ist bei lang anhaltender Steroidtherapie auch eine Osteoporoseprophylaxe mit Vitamin D, Kalzium und ggf. Bisphosphonaten.

Die Indikation für endovaskuläre oder gefäßchirurgische Eingriffe sollte bei Patienten mit Riesenzellarteriitis sehr genau geprüft werden, zumal die vaskulitisch veränderten Gefäße auf Manipulationen oft sehr sensibel reagieren. Die Implantation von Stents ist deshalb zu vermeiden. Bei starken Beschwerden, z.B. Claudicatio intermittens, ist evtl. eine perkutane transluminale Angioplastie (PTA) erforderlich. 

Quelle Text: Hoke M. Z Gefässmed 2018; 15: 11-14; Copyright Krause und Pachernegg GmbH, Gablitz

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Das Symptombild der Riesenzellarteriitis wird oft durch Kopfschmerzen und eine Hypersensibilität der Kopfhaut dominiert. Das Symptombild der Riesenzellarteriitis wird oft durch Kopfschmerzen und eine Hypersensibilität der Kopfhaut dominiert. © iStock/waewkid