Haben deutsche Ärzte einen Fetisch für lukrative Schultereingriffe?

Maria Weiß

Operationen an der Schulter sind bis zu 100-mal lukrativer als eine konservative Behandlung aber nicht wesentlich effizienter. Operationen an der Schulter sind bis zu 100-mal lukrativer als eine konservative Behandlung aber nicht wesentlich effizienter. © fotolia/smartmediadesign

Beim nicht-traumatischen Schulterschmerz wird in Deutschland immer häufiger operiert – deutlich mehr als in anderen Ländern. Ist dieses Vorgehen berechtigt?

Das subakromiale Schmerzsyndrom ist ein nicht-traumatisches, zumeist einseitiges Schulterproblem mit Schmerzen rund um das Akromion, die sich beim Heben des Armes verstärken. Andere gebräuchliche Bezeichnungen sind Impingement-Syndrom, Tendinosis calcarea, Supraspinatus-Tendinopathie und einiges mehr, erklärte Professor Dr. Jan-Dirk Rompe, niedergelassener Orthopäde aus Alzey.

Doppelt so viele Operationen wie in den USA

Die endoskopische subakromiale Dekompression (ESD) soll alles wieder richten. Seit Einführung dieser Technik sind die Zahlen der Eingriffe sprunghaft angestiegen, in Deutschland werden inzwischen pro Jahr über 100 000 solcher Operationen durchgeführt. Gemessen an der Einwohnerzahl sind das doppelt so viele wie in den USA, sagte der Orthopäde.

Welche Evidenz steckt hinter der Methode? Alle bisherigen Studien kommen einhellig zu dem gleichen Ergebnis: Die ESD führt beim subakromialen Schmerzsyndrom ohne Rotatorenmanschetten-Beteiligung zu keinem besseren Ergebnis als die konservative Therapie. Das gleiche gilt für die offene Operation. Selbst bei degenerativer Ruptur der Rotatorenmanschette war in Studien kein Vorteil im Vergleich zur konservativen Behandlung erkennbar.

In den Niederlanden ist man daher konsequent, in der nationalen Leitlinie heißt es: „Es gibt keine überzeugende Evidenz, dass die operative Therapie effektiver ist als eine konservative Behandlung. Die operative Therapie ist eine Ausnahmeindikation und bedarf vorab einer sorgfältigen Begründung.“

Falsche Anreize durch fürstliche Entlohnung?

Solche klaren Worte würde sich Prof. Rompe im Interesse der Patienten auch hierzulande wünschen. Von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie heißt es dagegen: „Die ESD hat sich als routinemäßiger und sicher reproduzierbarer Standardeingriff bewährt. Sie führt nach unserer Erfahrung zu einem hohen Prozentsatz sowohl subjektiv als auch objektiv zur Verbesserung der Schultergelenksfunktion.“

Die Gründe für die steigenden Operationszahlen liegen für Prof. Rompe auf der Hand: Die Schulter-OP ist für den niedergelassenen Arzt 50- bis 100-mal lukrativer als die konservative Behandlung. Hier werden die falschen Anreize gesetzt, so der der Orthopäde.

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Operationen an der Schulter sind bis zu 100-mal lukrativer als eine konservative Behandlung aber nicht wesentlich effizienter. Operationen an der Schulter sind bis zu 100-mal lukrativer als eine konservative Behandlung aber nicht wesentlich effizienter. © fotolia/smartmediadesign