Hautattraktionen: fünf dermatologische Fälle vom IgA-Pemphigus bis zum kutanen M. Whipple

Dr. Anja Braunwarth

Neben den typischen Hauterkrankungen gibt es bei den Dermatologen auch seltenere Diagnosen wie eine Mycosis fungoides (links) oder einen kutanen Morbus Whipple (rechts). Neben den typischen Hauterkrankungen gibt es bei den Dermatologen auch seltenere Diagnosen wie eine Mycosis fungoides (links) oder einen kutanen Morbus Whipple (rechts). © wikimedia/Bobjgalindo; wikimedia/Countincr

Dermatologie beschränkt sich keineswegs nur auf Psoriasis, Neurodermitis, Allergien oder Nagelpilz. Hautärzte vom Krankenhaus Bad Cannstatt zeigen, welche Fälle sie im vergangenen Jahr etwas mehr als sonst gefordert haben.

Fall 1

Seit etwa fünf Jahren entwickelte der 35-Jährige zunehmend juckende haarlose Veränderungen. Das Ganze begann an den Unterschenkeln und hat sich inzwischen über die gesamten Extremitäten und den Rumpf ausgebreitet. Topische Steroide brachten keine Linderung, berichtete Dr. Christopher Sebastian Pfeiffer. Unter dem Mikroskop zeigte sich eine lymphozytär dominierte, massive Infiltration eines Haarfollikels, die Diagnose lautete: follikulotrope Mycosis fungoides.

Diese seltene Variante eines kutanen T-Zell-Lymphoms manifestiert sich überwiegend zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. Das klinische Bild ist bunt, sodass bis zur Entdeckung im Schnitt knapp vier Jahre vergehen. Zur Behandlung eignet sich in erster Linie Interferon alfa-2a, lokal ergänzt durch PUVA-Creme-Therapie und Mometasonfuroat. Die Prognose entspricht in etwa der der „klassischen“ Mycosis fungoides.

Fall 2

Vor sieben Wochen ließ sich der 37-Jährige ein Tattoo mit roter Farbe stechen. Drei Wochen später setzte in diesem Bereich starker Juckreiz ein, das Areal schwoll an und es bildeten sich Blasen. Es gab keinen Hinweis auf eine allergische oder Fremdkörperreaktion, erklärte Dr. Katharina Sawallich. His­tologisch fanden sich lymphozytär betonte Infiltrate, die einem Lupus ähnelten. So stellten die Kollegen die Diagnose einer Lupus-like Dermatitis.

Plötzlich Blasen am ganzen Körper

Dermatologie beschränkt sich keineswegs nur auf Psoriasis, Neurodermitis, Allergien oder Nagelpilz. Hautärzte vom Krankenhaus Bad Cannstatt zeigen, welche Fälle sie im vergangenen Jahr etwas mehr als sonst gefordert haben.

Als Ursache vermutet man eine isomorphe Reaktion auf das Tätowiertrauma sowie eine verzögerte Überempfindlichkeit gegen Bestandteile der Farben. Unter Steroidtherapie – oral im Stoß, topisch und unterspritzt –, begleitet von juckreizstillenden Antihistaminika, gingen die Veränderungen und Beschwerden rasch zurück.

Fall 3

Vor einer Woche waren bei der 73-Jährigen plötzlich Blasen aufgetreten, die sich rasch über den ganzen Körper verteilten und bei Berührung oder Druck schmerzten. Einmal maß sie eine erhöhte Körpertemperatur, was den Verdacht auf ein bakterielles Geschehen weckte. Doch die Antibiose mit Amoxicillin brachte keine Besserung, sagte Christina Eisenbeis. Die feingewebliche Untersuchung ergab eine intraepidermale Blasenbildung im Sinne einer Akantholyse, dazu ein gemischtzelliges Entzündungsinfiltrat mit vorwiegend Lymphozyten und Neutrophilen. Die direkte Immunfluoreszenz stellte IgA-Ablagerungen dar, was im Gesamtbild einen IgA-Pemphigus nahelegte.

Diese seltene Erkrankung trifft vornehmlich Frauen im mittleren Lebensalter und es gibt Assoziationen zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Multiplem Myelom, rheumatoider Arthritis und B-Zell-Lymphomen. Klinisch imponieren meist großflächig konfluierende Pusteln und Vesikel in Leisten und Achseln, die rasch eintrüben. Die Kollegen behandelten die Frau zunächst mit Methylprednisolon und leiteten dann zu Dapson über. Laut Frau Eisenbeis verläuft die Krankheit chronisch, lässt sich aber besser behandeln als ein IgG-Pemphigus, z.B. der vulgaris.

Fall 4

Seit Jahren befand sich der 57-Jährige wegen einer rheumatoiden Arthritis in Behandlung. Nach einer Tocilizumab-Therapie fielen ihm nun hautfarbene subkutane, druckdolente Knoten an Armen und Beinen auf. Nebenbefundlich hatte er in den letzten sechs Monaten neun Kilo an Gewicht verloren. Eine Kortisonstoßtherapie schlug zunächst an, doch nach der nächsten Tocilizumab-Gabe entstanden innerhalb von 24 Stunden neue Knoten. His­tologisch sah man nach PAS*-Färbung Makrophagen mit PAS-positiven Partikeln, in der Polymerase-Kettenraktion gelang der Nachweis von Tropheryma Whippelii. Somit handelte es sich um einen kutanen Morbus Whipple, wie Anna Maria Küppers ausführte.

Weltweit sind etwa 1000 Fälle dieser Infektionskrankheit beschrieben, bevorzugt bei Männern in den mittleren Lebensjahren. Der Erreger wird vermutlich oral übertragen. Das Prodromalstadium dauert ca. sechs bis acht Jahre, in denen Gelenkschmerzen das vorherrschende Symptom darstellen. Das führt unter Umständen zu Fehldiagnosen, wie im vorliegenden Fall der rheumatoiden Arthritis.

Ein Jahr lang mit Cotrimoxazol therapiert

In der anschließenden progressiven Phase drohen Malabsorptionssyndrome und eine neurologische Beteiligung. Auch Lunge und Herz können in Mitleidenschaft gezogen werden, die subkutanen Knoten gelten dagegen als Rarität. Leitliniengerecht erfolgt die Therapie mit Ceftriaxon 2 g/Tag i.v. über zwei Wochen (alternativ Meropenem), gefolgt von Cotrimoxazol 960 mg zweimal täglich oral über ein Jahr.

Fall 5

Der dialysepflichtige 56-Jährige klagte seit einem halben Jahr über schmerzhafte Schwellungen und Verhärtungen an Händen, später auch an den Unterarmen. Vor einiger Zeit hatte er ein MRT der Nierenarterien mit gadoliniumhaltigem Kontrastmittel erhalten. Die Histo zeigte bandförmige Muzinablagerungen mit interstitieller Vermehrung von Fibroblasten im subkutanen Fettgewebe. Das brachte die Dermatologen zur Diagnose einer nephrogenen systemischen Fibrose.

Gadolinium kann sich bei einer Azidose lösen

Mit 400 Fällen weltweit ist sie noch seltener als der kutane M. Whipple. Als möglicher Auslöser gelten (mit einer Latenz von Wochen bis Monaten) gadoliniumhaltige Kontrastmittel. Die toxische Substanz ist eigentlich im Chelatkomplex gebunden und damit nicht mehr giftig. Unter der häufigen Azidose und/oder Hyperphosphatämie bei Niereninsuffizienz kann sich das Gadolinium lösen und Schaden anrichten.

Hauterscheinungen sind für das Krankheitsbild obligat, dazu kommen brennende Schmerzen und Juckreiz. Bei manchen Patienten greift die Fibrose auf Muskeln und Organe über. Eine spezifische Therapie steht nicht zur Verfügung, so Dr. Clara Peschel. Infrage kommen hoch dosiert systemische Steroide und UVA-1-Bestrahlung, ergänzt durch Analgetika, Physiotherapie und Bindegewebsmassagen. Die Krankheit verläuft progredient, ein Stop gelingt nur durch eine Nierentransplantation. Wichtigste Vorbeugung: Keine gadoliniumhaltigen Kontrastmittel bei einer GFR < 30 ml/min/1,73 cm2.

* Periodic Acid Schiff Reaktion

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Neben den typischen Hauterkrankungen gibt es bei den Dermatologen auch seltenere Diagnosen wie eine Mycosis fungoides (links) oder einen kutanen Morbus Whipple (rechts). Neben den typischen Hauterkrankungen gibt es bei den Dermatologen auch seltenere Diagnosen wie eine Mycosis fungoides (links) oder einen kutanen Morbus Whipple (rechts). © wikimedia/Bobjgalindo; wikimedia/Countincr
Auch dieser 52-Jährige dachte wohl an einen simplen Ausschlag am Knie, litt aber an einer Mycosis fungoides. Auch dieser 52-Jährige dachte wohl an einen simplen Ausschlag am Knie, litt aber an einer Mycosis fungoides. © wikimedia/Bobjgalindo
Beim Morbus Whipple handelt es sich um eine bakterielle Infektion des Dünndarms. Beim Morbus Whipple handelt es sich um eine bakterielle Infektion des Dünndarms. © wikimedia/Countincr