Herzgefahr durch zu niedrigen Druck

Die Autoren der europäischen Hypertonie-Leitlinie empfehlen für die kardiovaskuläre Risikoreduktion einen Blutdruck unter 140/90 mmHg. Doch ganz so pauschal geht es leider nicht, schreibt ein internationales Wissenschaftler-Team um Professor Dr. Michael Böhm, Klinik für Innere Medizin III, Universität Saarland. So lassen Studien darauf schließen, dass z.B. Schlaganfall und Herzinsuffizienz stärker von einem Rückgang des systolischen Blutdrucks beeinflusst werden als koronare Ereignisse. Und dass es auch untere RR-Grenzen gibt, ab denen die kardiovaskulären Risiken wieder zunehmen.
Die gepoolte Auswertung der beiden Studien ONTARGET und TRANSCEND mit insgesamt 30 937 Teilnehmern mit kardiovaskulärer Erkrankung bestätigt diese Beobachtung. In beiden Untersuchungen hatten die Patienten Ramipril (10 mg/d), Telmisartan (80 mg/d), eine Kombination oder Placebo erhalten und wurden für 56 Monate beobachtet. Die Autoren analysierten nun Daten der Studien hinsichtlich der Blutdruckwerte und der Relation zum kombinierten kardiovaskulären Ereignis (Myokardinfarkt, Schlaganfall, stationäre Behandlung wegen Herzinsuffizienz, kardiovaskulärer Tod) sowie zu den darin zusammengefassten einzelnen Endpunkten und der Mortalität.
Diastolischer Wert mischt beim Risiko erheblich mit
4052 Patienten wiesen unter der Behandlung einen systolischen Druck von < 120 mmHg auf. Bei ihnen waren die Risiken für den kombinierten kardiovaskulären Endpunkt sowie für den kardiovaskulären Tod und die Gesamttodesfälle mit Hazard Ratios (HR) von 1,14, 1,29 und 1,28 erhöht gegenüber den Patienten mit 120–140 mmHg systolisch. Für Myokardinfarkt, Schlaganfall und stationäre Behandlung wegen Herzinsuffizienz ließ sich kein Zusammenhang nachweisen.
Negativ wirkte sich außerdem ein diastolischer Blutdruck von unter 70 mmHg aus: Bei diesen Patienten stieg das Risiko für den kombinierten kardiovaskulären Endpunkt, Myokardinfarkt sowie Krankenhauseinweisung wegen Herzinsuffizienz und Mortalität im Vergleich zu Patienten mit einer Diastole zwischen 70 und 80 mmHg (HR 1,31, 1,55, 1,59, 1,16). Fällt der Blutdruck bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren unter 120/70, sollte bei ausgewählten Risikopersonen die antihypertensive Therapie gelockert werden, empfehlen die Autoren.
Komorbiditäten nicht berücksichtigt
In einem Studienkommentar merkt Professor Dr. Thomas Kahan von der Division of Cardiovascular Medicine am Karolinska Institute in Stockholm kritisch an, dass begleitende Morbiditäten den Blutdruck ebenfalls senken können und diese in der Studie nicht berücksichtigt wurden.
Quelle:
1. Böhm M et al. Lancet 2017; online first
2. Kahan T. a.a.O.
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).