Hitzige Hormon-Debatte: Postmenopausale Ersatztherapie bietet keinen Schutz

Dr. Alexandra Bischoff

Eine Hormontherapie senkt zwar unter anderem das Risiko von Knochenbrüchen, birgt jedoch auch einige Gefahren. Eine Hormontherapie senkt zwar unter anderem das Risiko von Knochenbrüchen, birgt jedoch auch einige Gefahren. © fotolia/RFBSIP

Hormone spritzen, kleben, schlucken oder lieber weglassen – was soll frau bloß in den Wechseljahren machen? Der Ersatz ist sinnvoll, um Beschwerden zu lindern, zur Primärprävention chronischer Krankheiten taugt er dagegen nicht, so das aktuelle Fazit einer US-Taskforce.

Kaum eine Behandlung hat in den letzten Jahrzehnten so eine Berg- und Talfahrt hinter sich wie die Hormontherapie in der Postmenopause. Anfang der 1960er-Jahre führte man erstmals eine Reihe von Krankheiten auf den dann vorliegenden Östrogenmangel zurück und verordnete begeistert die Hormonersatztherapie (Hormone Replacement Therapy, HRT).

Doch bereits in den 1970er-Jahren kamen hinsichtlich möglicher Risiken erste Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Verabreichung nach dem Gießkannenprinzip auf. Die wachsende Zahl großer qualitativ hochwertiger Studien um die Jahrtausendwende ließ die Verunsicherung weiter ansteigen und führte schließlich zu einer radikalen Kehrtwende im Umgang mit der HRT.

Fakt ist, dass die Kombination von Östrogen und Progesteron Wechseljahresbeschwerden lindert und in moderatem Maße das Frakturrisiko senkt. Ein geringer Benefit ließ sich auch für die Inzidenz eines Diabetes ermitteln. Doch weiterhin werden die Hormone auch zur Vorbeugung von chronischen Erkrankungen wie KHK oder Demenz verschrieben. Das ist und bleibt nachgewiesenermaßen ein zweischneidiges Schwert – so der Kommentar des US-amerikanischen Komitees für Präventionsfragen (USPSTF = United States Preventive Services Task Force) um Dr. David Grossman vom Kaiser Permanente Washington Health Research Institute in Seattle.

Das Statement basiert unter anderem auf einem Evidenzreport von Professor Dr. Gerald Gartlehner, Research Triangle Institute International Chapel Hill und seinen Kollegen.

Östrogen pur offenbar nicht so kritisch

Das Expertengremium untersuchte in insgesamt 18 Studien mit rund 40 000 postmenopausalen Frauen die Auswirkungen einer HRT mit Östrogenen alleine oder in Kombination mit Gestagenen. Die Ergebnisse veranlassten die USPSTF wie schon 2012 zu der Empfehlung, die Hormontherapie aufgrund des ungüns­tigen Nutzen-Risiko-Profils nicht zur Primärprävention chronischer Krankheiten einzusetzen.

Insbesondere die Kombitherapie aus Östrogenen und Gestagenen hat es in sich. Mit der Dauer der Behandlung steigt nicht nur das Risiko für Brustkrebs, sondern auch für Schlaganfall, Herzinfarkt, Harninkontinenz, Gallenblasenleiden, Venenthrombose und möglicherweise Demenz. Als positiven Nebeneffekt der Therapie erleiden die Frauen zwar weniger Knochenbrüche und senken durch die regelmäßige Einnahme beider Hormone ihr Diabetes- und Dickdarmkrebsrisiko − diese Vorteile können jedoch die Risiken nicht aufwiegen.

Östrogene alleine wirken sich anscheinend nicht ganz so negativ auf die Entstehung bestimmter Erkrankungen aus. Offenbar senken sie sogar das Risiko einer Brustkrebs- oder Herzerkrankung. Die Gefahr für Schlaganfälle oder Gallenblasenerkrankungen ist jedoch auch darunter erhöht. Ob ein frühzeitiger Therapiebeginn unmittelbar nach der letzten Regelblutung einen positiven Einfluss auf das Nutzen-Risiko-Profil hat und so den Benefit verstärkt, wird zwar kontrovers diskutiert, wirkliche Beweise dafür gibt es noch nicht.

Das Fazit der Experten für die Praxis lautet: Wenn eine Patientin über Wechseljahrsbeschwerden klagt, sollten Sie mit ihr die Vor- und Nachteile der verschiedenen Hormonpräparate besprechen und das Pro und Kontra gemeinsam individuell ab­wägen.

1. Grossmann DC et al. JAMA 2017; 318: 2224-2233
2. Gartlehner G et al. A.a.O.: 2234-2249

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Eine Hormontherapie senkt zwar unter anderem das Risiko von Knochenbrüchen, birgt jedoch auch einige Gefahren. Eine Hormontherapie senkt zwar unter anderem das Risiko von Knochenbrüchen, birgt jedoch auch einige Gefahren. © fotolia/RFBSIP