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Immer mehr Suizide im Jugendalter
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Die Lebenszeitprävalenz der Depression bei Jugendlichen zwischen 13 und 18 Jahren beträgt in den USA 11 %, wobei Mädchen im Vergleich zu Jungen nicht nur häufiger, sondern auch schwerer erkranken, berichten Professor Dr. Leslie Miller und Professor Dr. John Campo von der Johns Hopkins University in Baltimore. Die Suizidrate in der Altersgruppe der 10- bis 19-Jährigen steigt zwar seit Jahren bei beiden Geschlechtern an, doch sind auch in diesem Punkt die Mädchen deutlich häufiger betroffen. Sie wählen zunehmend „erfolgreiche“ Strategien wie das sich Erhängen oder Ersticken, erklären die Experten diesen Trend. Damit es erst gar nicht so weit kommt, müsse alles daran gesetzt werden, depressive Jugendliche frühestmöglich zu identifizieren.
Depressionen treten nicht selten familiär gehäuft auf: Kinder depressiver Eltern und Großeltern haben das höchste Erkrankungsrisiko. Eine konsequente Behandlung der Eltern kommt daher auch dem Nachwuchs zugute. Als Risikofaktoren für eine Depression in der Adoleszenz gelten darüber hinaus weibliches Geschlecht, traumatische Erlebnisse, chronische Erkrankungen, Konflikte innerhalb der Familie sowie seltene sexuelle Orientierungen. Die American Academy of Pediatrics empfiehlt daher für alle Heranwachsenden im Alter zwischen 12 und 18 Jahren ein jährliches Screening mittels validierter Fragebogen.
Eine Depression liegt vor, wenn eine Person über mindestens zwei Wochen unter gedrückter Stimmung, Interessenverlust oder Freudlosigkeit leidet und zusätzlich mindestens vier der folgenden Symptome aufweist:
- verändertes Schlafverhalten
- Appetit-/Gewichtsveränderungen
- Konzentrationsstörungen oder Entscheidungsschwäche
- Fatigue bzw. Energielosigkeit
- psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit
- Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
- wiederkehrende Gedanken an Tod oder Suizid
Heranwachsende leiden insbesondere unter Appetit- und Gewichtsveränderungen, Antriebslosigkeit und Schlafstörungen, sodass diese Beschwerden gezielt erfragt werden sollten. Gleiches gilt für Alkohol- und Substanzmissbrauch. Zusätzlich gilt es, organische Erkrankungen wie eine Hypothyreose auszuschließen.
Viele Patienten setzen die Medikamente eigenmächtig ab
Die Therapie ist nur dann erfolgversprechend, wenn die Betroffenen und ihre Familien an einem Strang ziehen, erklären die Autoren weiter. Eine umfassende Aufklärung erscheint daher besonders wichtig. Zu einer förderlichen Lebensführung gehören neben einem geregelten Tagesablauf und einer gesunden Ernährungweise auch moderate Bewegung. Hinzu kommen z.B. kognitive Verhaltenstherapie oder interpersonelle Psychotherapie sowie pharmakotherapeutische Maßnahmen.
In den USA sind die beiden SSRI Fluoxetin und Escitalopram zur Therapie der adoleszenten Depression zugelassen. Off label werden weitere Wirkstoffe eingesetzt. Der Behandlungserfolg kann dabei allerdings erst nach sechs bis acht Wochen beurteilt werden, erläutern die Forscher. Ein weiteres Problem: Viele Betroffene setzen die Medikation ab, sobald die Symptome nachlassen, was angesichts des hohen Rezidivrisikos gefährlich ist. Auch hier hilft nur die wiederholte Aufklärung. Die Pharmaka müssen über mindestens sechs Monate eingenommen werden.
Gegenwärtig wird nach Therapeutika gesucht, die sowohl die Depression als auch die Suizidalität im Jugendalter schnell bessern. Als vielversprechend gelten der NMDA*-Rezeptor-Antagonist Ketamin und seine Analoga.
* N-Methyl-D-Asparaginsäure
Quelle: Miller L, Campo JV. N Engl J Med 2021; 385: 445-449; DOI: 10.1056/NEJMra2033475
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