
Lithium schützt (nicht) vor Suizid

Bei bipolaren Störungen und Depression gilt Lithium als aussichtsreiche Therapie. Eine Zulassung speziell zur Suizidprävention für Patienten mit diesen Erkrankungen hat es allerdings nicht.
Etwa 90 % aller Selbsttötungen stehen im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung. Doch die Erforschung von Therapien zur Suizidprävention geht nur schleppend voran. Unter anderem deuten Studien der letzten Jahre auf eine antisuizidale Wirkung der Elektrokonvulsionstherapie bei schweren Depressionen und von Clozapin bei Schizophrenie hin. Auch eine Ketaminbehandlung könnte die Suizidgedanken verringern. Insbesondere bei bipolaren Störungen ist außerdem eine Therapie mit Lithium bereits seit Längerem als potenziell Erfolg versprechende Option im Gespräch.
In einer Doppelblindstudie wurde jetzt die antisuizidale Wirkung von Lithium im Vergleich zu Placebo als Ergänzung der üblichen Behandlung untersucht. Das Patientenkollektiv bestand aus US-Veteranen mit bipolarer Störung oder Depression, die kürzlich einen Suizidversuch überlebt hatten. Randomisiert erhielten 255 Teilnehmer Lithiumcarbonat mit verlängerter Wirkstofffreisetzung, beginnend mit 600 mg/d. Die anderen 264 bekamen ein Scheinpräparat. Der primäre Endpunkt war die Zeit bis zum Auftreten eines suizidbezogenen Ereignisses binnen eines Jahres. Dazu gehörten nicht-tödliche und abgebrochene Suizidversuche, Todesfälle durch Suizid und Krankenhauseinweisungen zur Verhinderung von Suizid.
Bei rund einem Viertel der Teilnehmer (24,5 %) kam es zu einem suizidbezogenen Ereignis – 65 davon in der Lithiumgruppe und 62 in der Placebogruppe. Darüber hinaus trat in der Lithiumgruppe ein Todesfall auf, in der Placebogruppe waren es drei.
Studien zeigen teils widersprüchliche Ergebnisse
Ein Gesamtunterschied hinsichtlich wiederholter suizidbezogener Ereignisse zwischen den beiden Gruppen wurde nicht festgestellt (Hazard Ratio 1,10). Aufgrund des ausbleibenden Behandlungserfolgs wurde die Studie vorzeitig abgebrochen.
Prof. Dr. Ross Baldessarini und Dr. Leonardo Tondo von der Harvard Medical School in Boston schreiben in einem Editorial, „dass diese sorgfältig konzipierte und durchgeführten Studie sehr lehrreich ist, aber nicht als Beweis dafür angesehen werden kann, dass die Lithiumbehandlung in Bezug auf das Suizidrisiko unwirksam ist.“ Sie verweisen auf verschiedene Limitationen, z.B. die relativ kurze Behandlungsdauer, sowie auf vorangegangene Studien, die auf einen antisuizidalen Effekt von Lithium hindeuten.
Quellen:
1. Katz IR et al. JAMA Psychiatry 2021; DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2021.3170
2. Baldessarini RJ, Tondo L. JAMA Psychiatry 2021; DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2021.2992
Befinden Sie sich derzeit selbst in einer schwierigen Lage? Experten können Ihnen helfen, diese Zeit zu überstehen. Hier finden Sie eine Auswahl von Anlaufstellen und Ansprechpartnern »
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).