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Immuntherapie verzögert Ausbruch von Typ-1-Diabetes

Im Schnitt kostet es Männer bis zu 18 und Frauen etwa 14 Lebensjahre, wenn sie als Kind die Diagnose Diabetes Typ 1 erhalten. Zur erhöhten Mortalität tragen maßgeblich frühe kardiovaskuläre Erkrankungen bei, schreiben der Diabetologe Professor Dr. Colin M. Dayan von der Cardiff University School of Medicine und seine Kollegen. Beachtet man zusätzlich Probleme wie Hypoglykämien und schwankende Blutzuckerwerte, mit denen sich die Patienten Tag für Tag auseinandersetzen müssen, wird das Bestreben um eine effektive Prävention der Stoffwechselstörung deutlich. Die meisten klinischen Studien zum Thema konnten bisher allerdings nicht überzeugen.
Diagnose um zwei Jahre nach hinten verschoben
Den ersten Durchbruch verzeichnete vor Kurzem eine kleine Untersuchung mit dem monoklonalen Antikörper Teplizumab. Dieser richtet sich gegen das CD3-Molekül auf der Oberfläche von T-Zellen, bindet daran und erschöpft so vermutlich teilweise jene unerwünscht aktivierten Zellen. Nach heutigem Erkenntnisstand lösen T-Zell-vermittelte Autoimmunreaktionen gegen die Betazellen des Pankreas einen Typ-1-Diabetes aus.
An der Untersuchung des Studiennetzwerks TrialNet nahmen insgesamt 76 Verwandte von Typ-1-Diabetikern im Alter zwischen 8 und 49 Jahren teil. Die Probanden wiesen mindestens zwei Autoantikörper sowie eine Dysglykämie und somit ein hohes Erkrankungsrisiko auf (Stadium 2). Randomisiert erhielten sie entweder eine 14-tägige Behandlung mit Teplizumab oder Placebo. Im Median betrug die Nachbeobachtung 745 Tage, also rund zwei Jahre.
Die mediane Zeit bis zur Diagnose hatte sich unter der Antikörpertherapie auf 48 Monate im Vergleich zu 24 Monaten nach Placebogabe nahezu verdoppelt. Ein Typ-1-Diabetes wurde bei 43 % der Teilnehmer in der Teplizumabgruppe und bei 72 % in der Kontrolle diagnostiziert. Die Hazard Ratio für die Diagnose der Stoffwechselstörung unter Teplizumab betrug 0,41. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählten Lymphopenien und milde Reaktionen an der Injektionsstelle.
Die Autoren um Prof. Dayan vermuten, dass eine Verzögerung des Ausbruchs um zwei Jahre einen über diese Zeit andauernden Effekt haben könnte. Die Patienten verbleiben bis zur Diagnose länger in einem Stadium ohne metabolisches Risiko für eine schwere Hypo- oder Hyperglykämie. Durch diese Verzögerung bleibt die Beta-Zell-Funktion nach Ausbruch des Diabetes länger erhalten, was wiederum das Erreichen glykämischer Kontrolle ohne Hypoglykämien erleichtert. Beides wirkt sich langfristig positiv aus, was als metabolisches Gedächtnis bezeichnet wird.
Da die Wahrscheinlichkeit, an einem Typ-1-Diabetes zu erkranken, nach der Kindheit abnimmt, besteht zudem die Hoffnung, durch die Verzögerung quasi jene Phase mit geringerer Erkrankungswahrscheinlichkeit zu erreichen. Schließlich wird allein durch das Screening auf ein erhöhtes Risiko die Aufmerksamkeit für die Erkrankung gesteigert. Das wiederum reduziert das Risiko einer diabetischen Ketoazidose von 29,1 % auf 3,3 % und geht mit kürzeren Krankenhausaufenthalten einher. Nach den aktuellen ermutigenden Ergebnissen ist es aus Sicht der Autoren nun an der Zeit darüber nachzudenken,
- wer in Zukunft
- wann präventiv behandelt und
- welche Medikamente entwickelt werden sollten.
Aus Sicht der britischen Kollegen ist es zunächst erforderlich, das Patientenkollektiv näher einzugrenzen, um so herauszufinden, wer am besten auf die Immuntherapie anspricht. Im Fall von Teplizumab scheint eine aktivere Erkrankung vor Behandlungsbeginn mit einem besseren Ergebnis assoziiert zu sein.
Therapie am besten im Stadium 2 starten
Hinsichtlich des Zeitpunkts der Behandlung erscheint den Autoren das Stadium 2 am günstigsten. An diesem Punkt hatte auch die Teplizumab-Studie angesetzt. Im Unterschied zu früheren Stadien sei sicher, dass Patienten ohne Intervention in absehbarer Zeit erkranken werden, schreiben die Autoren. Mit Blick auf mögliche zukünftige Medikamente wünschen sich die Autoren antigenbasierte Immuntherapien, die spezifisch die Toleranz gegenüber Beta-Zellen wiederherstellen.
Quelle: Dayan CM et al. Lancet 2019; 394: 1286-1296; DOI: doi.org/10.1016/S0140-6736(19)32127-0
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