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Internistische Patienten brauchen nach Klinikentlassung meist keine Thromboseprophylaxe
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Eine venöse Thromboembolie (VTE) bedroht nicht nur stationär behandelte Patienten nach chirurgischen Eingriffen, sondern auch diejenigen auf internistischen Stationen. Rund 75 % aller VTE-assoziierten Todesfälle ereignen sich in der nicht-chirurgischen Klientel, schreibt Dr. Katharina Gütl von der Universitätsklinik Graz. Ursache ist die oftmals vorhandene multiple Komorbidität, aber auch, dass man den internistisch Kranken im Regelfall die medikamentöse VTE-Prophylaxe vorenthält, schreibt die Angiologin.
Vor allem Patienten mit COPD, Herzinsuffizienz, akuter Infektion oder vaskulärer Erkrankung haben ein erhöhtes VTE-Risiko, weshalb internationale Leitlinien die parenterale Prophylaxe auch für nicht-chirurgische Patienten in der Klinik empfehlen. Eingesetzt werden niedermolekulares Heparin (NMH), Fondaparinux und ggf. niedrig dosiertes unfraktioniertes Heparin (UFH). Bei konsequenter Anwendung lässt sich die Zahl der thromboembolischen Ereignisse um 60 % reduzieren.
Für das Risikoassessment bei hospitalisierten internistischen Patienten stehen verschiedene validierte Scoresysteme zur Verfügung. Dazu gehören der recht ausführliche PADUA Prediction Score – eine Modifizierung des Systems nach Kocher et al. –, der vier- und siebenstufige IMPROVE-Score sowie die erweiterte Variante IMPROVEDD. Besonders hohe Risikozuschläge erhalten in diesen Modellen Patienten mit einer positiven VTE-Anamnese, Immobilisation für mehr als drei bzw. sieben Tage, einer aktiven Krebserkrankung und einem Alter über 60 bzw. 70 Jahre.
VTE-Risiko teilweise bis zu 120 Tage lang erhöht
Nach der Krankenhausentlassung besteht für die meisten internistischen Patienten teilweise bis zu 120 Tage lang ein weiterhin erhöhtes VTE-Risiko, erklärt Dr. Gütl. Für die Prophylaxe in diesem Setting kommen sowohl NMH als auch die oralen Antikoagulanzien zum Einsatz.
Allerdings sieht es bei der verlängerten Prophylaxe mit dem Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht mehr ganz so gut aus. Das gilt zum einen für NMH wie Enoxaparin, für das die Studie EXCLAIM einen geringen Nutzen mit gleichzeitig häufigeren schweren Blutungen dokumentierte. Auch die NOAK Apixaban oder Rivaroxaban lieferten in Einzelstudien hinsichtlich der Blutungskomplikationen keine überzeugenden Ergebnisse im poststationären 30-Tage-Setting, erklärt Dr. Gütl.
In einer 2017 publizierten Metaanalyse von Studien zur verlängerten Thromboembolieprophylaxe nach stationärem Aufenthalt ergab sich insgesamt eine signifikante Risikoreduktion von 48 % für die tiefe Venenthrombose sowie von 39 % für nicht-tödliche Pulmonalarterienembolien jeweils im Vergleich zur kurzfristigen konventionellen Prophylaxe. Schwere Blutungskomplikationen traten unter Fortführung der Therapie mit einem relativen Risiko von 2,08 doppelt so häufig auf, die Gefahr für fatale Blutungen war aber nicht erhöht. Bei den Endpunkten thromboseassoziierte Mortalität und Gesamtmortalität ließen sich keine Unterschiede zur kürzeren Prophylaxe erkennen.
In der 2018 publizierten Studie MARINER wurde die 45-tägige poststationäre Gabe von 10 mg Rivaroxaban bei Hochrisikopatienten mit einem IMPROVE-Score von 4 und höher untersucht. Die Studie ergab keinen Unterschied zwischen NOAK und Placebo. Die insgesamt sehr seltenen Blutungen traten unter NOAK etwas häufiger auf. Eine 2019 erschienene Metaanalyse unter Einschluss der MARINER-Daten kam zu vergleichbaren Ergebnissen wie die Metaanalyse aus 2017.
Keine generelle Empfehlung für NMH und NOAK
Insgesamt kann vor dem Hintergrund eines fehlenden Netto-Benefits keine generelle Empfehlung für eine verlängerte Thromboembolieprophylaxe mit NMH und NOAK bei poststationären internistischen Patienten ausgesprochen werden, resümiert Dr. Gütl.
Quelle: Gütl K. Z Gefässmed 2020; 17: 7-12
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