IQWiG bei Tonsillotomie hin- und hergerissen
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Die Tonsillektomie (TE) als vollständige operative Entfernung der Gaumenmandeln wird in der Leitlinie "Therapie der entzündlichen Erkrankungen der Gaumenmandeln – Tonsillitis" empfohlen, wenn innerhalb eines Jahres mindestens sechs Episoden einer eitrigen Tonsillitis mit Antibiotika behandelt wurden.
Immunfunktion der Mandeln bleibt zum Teil erhalten
Bei Kindern und Jugendlichen wird für die Indikation zusätzlich gefordert, dass der Oropharynx um mindestens 25 % eingeengt ist. Bei der partiellen Tonsillektomie (Tonsillotomie, TT) als möglicher Alternative bleibt die Immunfunktion der Gaumenmandeln zum Teil erhalten – es drohen aber möglicherweise Rezidive durch Nachwachsen des Mandelgewebes. Als Vorteile wiederum werden eine geringere Rate an postoperativen Komplikationen und eine schnellere Genesung angesehen. In Deutschland wird die Tonsillotomie vor allem bei sehr kleinen Kindern durchgeführt.
Das IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) hat nun 19 randomisierte kontrollierte Studien zur Tonsillotomie mit insgesamt 1590 Patienten ausgewertet. Zum Vergleich von TT und kontrolliertem Abwarten ließen sich keine aussagefähigen Daten identifizieren. In Bezug auf postoperative Schmerzen (Tage bis Schmerzfreiheit oder Schmerz am dritten Tag) war die Tonsillotomie der Tonsillektomie eindeutig überlegen. Außerdem konnte mit der Nahrungsaufnahme früher begonnen werden, Schwierigkeiten beim Sprechen waren nach einer Woche geringer ausgeprägt und die Dauer von Schluck- und Schlafstörungen war kürzer.
Beim Endpunkt "Tonsillitis-Rezidive und HNO-Infektionen" schnitt dagegen die Tonsillektomie etwas besser ab. Allerdings blieb aufgrund unzureichender Langzeitdaten unklar, ob das nur für die Indikation Tonsillenhyperplasie (erfasst nach sechs Jahren) oder auch für die akute eitrige Tonsillitis (erfasst nach 12 bis 24 Monaten) galt. Die Datenlage für den Endpunkt "erneute Tonsillenoperation" war für beide Indikationen unzureichend.
Gleichauf bei Lebensqualität und Hospitalisierung
Keine Unterschiede zwischen TE und TT konnten in Bezug auf Blutungen, Krankenhausaufenthaltsdauer und erneute Hospitalisierungen, gesundheitsbezogene Lebensqualität oder sonstige unerwünschte Wirkungen der Eingriffe (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Dehydrierung) festgestellt werden. Zur Mortalität standen keine Daten zur Verfügung. Die Tonsillotomie hat den Vorteil, dass kurzfristige durch den Eingriff bedingte Nebenwirkungen geringer ausfallen, so das Fazit des IQWiG. Dem gegenüber stehe ein möglicherweise geringerer Langzeitnutzen mit höherer Rezidivrate.
Quelle: IQWiG-Bericht Nr. 475; Stand 6.1.2017
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