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Jede Fraktur im Alter ist verdächtig

Fast jede zweite Frau über 75 Jahre hat eine Osteoporose, bei den Männern dieser Altersgruppe sind es immerhin 15 %. Spätestens wenn ein Knochen nach einem inadäquaten Trauma bricht – z.B. nach einem typischen „Stolpersturz“ – muss an eine Osteoporose gedacht werden, betonte Dr. Thomas Laurentius von der Medizinischen Klinik IV an der Uniklinik RWTH Aachen. Typisch für Osteoporose sind nach solchen kleinen Unfällen Brüche der proximalen Femurmetaphyse, Beckenfrakturen, LWK-/BWK-Impressionsfrakturen, subkapitale/proximale Humerusfrakturen sowie Radiusfrakturen.
Dabei darf man nicht alles allein auf das Alter schieben – metabolische Osteopathien müssen immer ausgeschlossen werden. Dazu gehören u.a. der auch im Alter gar nicht so seltene Hyperparathyreoidismus, das Multiple Myelom, die Osteomalazie und die renale Osteodystrophie. Die Bestimmung von Kalzium, Phosphat, alkalischer Phosphatase, Kreatininclearance, Blutbild, TSH und Eiweiß-Serumelektrophorese gehören daher immer mit zur Abklärung. Auch auf die Medikation sollte geschaut werden. Gar nicht so selten schleppen ältere Patienten z.B. seit vielen Jahren eine Prednisolontherapie mit, von der keiner weiß, ob sie noch sinnvoll ist, so die Erfahrung des Kollegen.
Basistherapie besteht immer aus der Gabe von Vitamin D
Die Knochendichtemessung mittels DXA ist der diagnostische Goldstandard – bei typischen Indikationsfrakturen kann aber auch darauf verzichtet werden. Es gilt immer der niedrigste gemessene Wert, erinnerte der Referent.
Die Basistherapie bei Osteoporose besteht immer aus der Gabe von Vitamin D (800–1.000 IE/d) – vor allem bei hoher Sturzneigung und geringer Sonnenlichtexposition, was im Alter häufig ist. Erreicht der Patient eine tägliche Kalziumzufuhr von 1.000–1.500 mg/d nicht über die Nahrung, sollten 1.000 mg/d supplementiert werden. Auch wenn man sich für eine spezifische Osteoporosetherapie entscheidet, müssen die Patienten in jedem Fall Vitamin D und Kalzium erhalten, betonte Dr. Laurentius.
Medikamente im aufrechten Sitzen einnehmen
Bei der Therapie stehen Bisphosphonate an erster Stelle. Eingesetzt werden können Alendronat, Risedronat (jeweils täglich oder wöchentlich per os) oder evtl. auch Zoledronat als jährliche Infusion. Für Ibandronat sieht es mit der Evidenz zur Fraktursenkung etwas schlechter aus. Ganz wichtig ist, dass die Patienten die Medikamente im aufrechten Sitzen einnehmen (über 30 Minuten nach Einnahme). Dies werde vor allem bei stationären bettlägerigen Patienten oft nicht umgesetzt. Dr. Laurentius empfahl in diesen Fällen, die Medikamente für die Dauer der Bettlägerigkeit zu pausieren – ein paar Wochen mehr oder weniger machen bei Bisphosphonaten nicht viel aus.
Kontraindiziert sind die Bisphosphonate bei höhergradigen Nierenfunktionsstörungen (eGFR < 30 ml/min). Kiefernekrosen als Nebenwirkung sind sehr selten bei den bei Osteoporose eingesetzten Mengen – man sollte aber trotzdem vorher in den Mund schauen und ggf. den Zahnarzt zuerst ranlassen. Wie lange man die Bisphosphonate gibt, ist nicht ganz geklärt – bei jahrelanger Einnahme können atypische Femurfrakturen auftreten.
Eine mögliche Alternative ist der RANK*-Ligand-Antikörper Denosumab, der alle sechs Monate subkutan verabreicht wird. Allerdings kann es nach Absetzen zu einem raschen Anstieg vertebraler Frakturen kommen. Nicht selten passiert das im Krankenhaus, wenn der Antikörper nicht auf dem Medikamentenplan steht und eigentlich gerade fällig wäre.
Eine weitere Option bietet Teriparatid (20 mg einmal täglich subkutan) über 24 Monate. Problematisch ist die Anwendung bei Patienten mit Gicht. Zudem kommt es nach Applikation häufiger zu einer orthostatischen Dysregulation – gerade die Älteren sollten also danach ein bisschen sitzen bleiben und vorsichtig aufstehen. Bei dem selektiven Östrogenrezeptormodulator Raloxifen – einem weiteren spezifischen Antiosteoporotikum – muss vor allem das erhöhte Risiko für tiefe Beinvenenthrombose beachtet werden.
Ein nicht zu unterschätzender Bestandteil der Therapie besteht für die Patienten darin, Gleichgewicht, Kraft und Ausdauer zu trainieren sowie in der Sturzprävention. Ältere Menschen können aber entsprechende Angebote außer Haus oft nicht mehr wahrnehmen und Physiotherapeuten, die Hausbesuche machen, sind leider oft schwer zu finden, beklagte der Referent. Eine weitere wichtige Intervention besteht darin, Mangelzustände zu vermeiden, die durch eine falsche Ernährung auch bei „Dicken“ gar nicht so selten sind.
* Receptor Activator of Nuclear Factor-Kappa B
Quelle: 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
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