Klug kombiniert, rasch eradiziert

Dr. Anne Benckendorff

Mit DAA ran an die Hepatitis-C-Infektion. Mit DAA ran an die Hepatitis-C-Infektion. © iStock/jarun011

Die direkt wirksamen antiviralen Substanzen haben die Therapie bei chronischer Hepatitis C revolutioniert. Dank hocheffektiver Wirkstoffkombinationen lassen sich inzwischen Ausheilungsraten von 95 % und mehr erzielen – über nahezu alle Patientengruppen hinweg.

Weit mehr als die Hälfte der Infektionen mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) chronifiziert. Innerhalb von 30 Jahren entwickelt sich bei etwa 20–30 % der Betroffenen eine Leberzirrhose. Das Risiko hierfür steigt in hohem Maße mit dem Vorliegen bestimmter Kofaktoren wie schädlichem Alkoholkonsum oder der Koinfektion mit anderen hepatotropen Viren oder HIV. Bei etwa 3–6 % der Patienten mit Leberzirrhose entwickelt sich ein hepatozelluläres Karzinom (HCC).

Hepatitis C in Deutschland

Die Prävalenz von HCV-Infektionen ist in Deutschland mit 0,3 % im Vergleich zu anderen Regionen der Welt niedrig. Im Jahr 2020 betrug die Inzidenz laut Robert Koch-Institut 5,5 Infektionen pro 100.000 Einwohner, was einen Rückgang um fast ein Viertel im Vergleich zu den beiden Vorjahren darstellt. Dabei ist unklar, ob es sich nicht um eine Untererfassung aufgrund der Coronapandemie handelt.

Noch vor einigen Jahren ließ sich nur ein Teil der Infizierten mit der nebenwirkungsreichen und indirekt über das Immunsystem vermittelten Interferontherapie heilen. Inzwischen besteht dank der direkt wirksamen antiviralen Wirkstoffe (­direct ­antiviral ­agents, DAA) die Möglichkeit, nahezu alle HCV-Patienten sicher und hochwirksam zu behandeln, berichten Dr. ­Kai-Henrik ­Peiffer und Prof. Dr. ­Stefan ­Zeuzem von der Medizinischen Klinik I am Universitätsklinikum Frankfurt. Das Ziel der Therapie mit DAA ist das anhaltende virologische Ansprechen (­sustained ­virologic ­response, SVR), definiert als fehlender Nachweis von ­HCV-RNA zwölf Wochen nach Behandlungsende. Die dauerhafte Viruseradikation mit den modernen Substanzen
  • reduziert die Letalität,
  • mindert das Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom,
  • verringert die Notwendigkeit einer Lebertransplantation.
Generell besteht bei jeder replikativen ­HCV-Infektion die Indikation zur Therapie. Bei frischen Infektionen – also vorhandener ­Virus-RNA, aber fehlenden Antikörpern – wartet man meist, ob die Infektion von selbst ausheilt.

Wirkstoffe setzen beim Virus an verschiedenen Stellen an

HCV ist ein umhülltes, einzelsträngiges ­RNA-Virus. Es existieren sechs Genotypen mit teils ungleichen Krankheitsverläufen sowie unterschiedlichem Ansprechen auf die einzelnen antiviralen Therapieregime. Die DAA werden aufgrund ihrer Angriffspunkte in drei Kategorien eingeteilt:
  • Polymeraseinhibitoren hemmen die NS5B-­Polymerase; sie erzeugen einen Kettenabbruch der wachsenden viralen RNA. Ihre generischen Namen enden auf ­„-buvir“.
  • Proteaseinhibitoren blockieren die virale NS3/4A-Serinprotease, was die Spaltung des HCV-Polyproteins verhindert. Ihre Bezeichnungen enden auf ­„-previr“.
  • NS5A-Inhibitoren mit der Endung „-asvir“ hemmen das virale NS5A-Protein und damit die Virusreplikation und Modulation bestimmter zellulärer Vorgänge.
Es werden stets zwei Wirkstoffe mit unterschiedlichem viralem Angriffspunkt in einem DAA-Medikament kombiniert. Bei den sogenannten leicht zu behandelnden Patienten kann eine Therapie mit einem pangenotypisch wirksamen Regime, also einer gegen alle Genotypen wirksamen Kombination, auch ohne vorherige Bestimmung des Virusgenotyps durchgeführt werden. Das gilt für Betroffene ohne DAA-Vorbehandlung, dekompensierte Leberzirrhose oder fortgeschrittene Niereninsuffizienz. Die Behandlung nimmt zwischen acht und zwölf Wochen in Anspruch, im Einzelfall sind es sechszehn Wochen. Unter bestimmten Bedingungen kann ­Ribavirin, das kein DAA ist, das Kombinationsregime erweitern. In mehr als 95 % der Fälle wird so SVR erreicht. Die Nebenwirkungsprofile der Präparate sind wohlbekannt und gut beschrieben. Die Überwachung der Therapie sollte sich am Ausmaß der Lebererkrankung orientieren, ggf. auch an den Vorerkrankungen. Zur Ergebniskontrolle erfolgt zwölf Wochen nach Ende der Therapie die Messung der ­HCV-RNA. Ein Therapieversagen kann auf resistenten Virenvarianten beruhen. In dieser Situation wird, abhängig von der Vorbehandlung und einigen anderen Faktoren, die Dreifach-Kombination aus ­Voxilaprevir, ­Velpatasvir und ­Sofosbuvir über zwölf Wochen empfohlen. Kann dadurch eine Lebertransplantation vermieden werden, sind DAA auch bei dekompensierter Leberzirrhose indiziert. Bei bestehender Indikation für eine Lebertransplantation muss man Nutzen und Risiken des DAA-Einsatzes individuell gegeneinander abwägen. Für Patienten mit HCC exis­tieren derzeit keine klaren Empfehlungen hinsichtlich einer Therapieindikation. Bei Koinfektionen mit HIV muss auf mögliche Arzneimittelinteraktionen zwischen DAA und HAART* geachtet werden, bei der antiviralen HCV-Therapie HBV-koinfizierter Personen kann es in sehr seltenen Fällen zur Reaktivierung der Hepatitis B kommen. Ein Teil der DAA-Medikamente ist – mit unterschiedlichen Altersgrenzen – für Kinder zugelassen. Eine Behandlung mit den Substanzen während der Schwangerschaft wird derzeit nicht empfohlen.

* hochaktive antiretrovirale Therapie

Quelle: Peiffer K-H, Zeuzem S. Bundesgesundheitsblatt 2022; 65: 246-253; DOI: 10.1007/s00103-021-03481-z

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Mit DAA ran an die Hepatitis-C-Infektion. Mit DAA ran an die Hepatitis-C-Infektion. © iStock/jarun011